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Hanspeter Stamm / Markus Lamprecht / Rolf Nef

Soziale Ungleichheit in der Schweiz. Strukturen und Wahrnehmungen

Zürich: Seismo 2003 ("Gesellschaft Schweiz"); 248 S.; 26,- €; ISBN 3-908239-91-5
In welchen Dimensionen und in welchem Ausmaß ist die Gesellschaft der Schweiz von Ungleichheit geprägt, und inwiefern werden diese Ungleichheiten von der Bevölkerung als solche wahrgenommen und wie werden sie von ihr beurteilt? Diese Fragen werden anhand von Daten analysiert, die Ende 1999 in einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung im Rahmen des International Social Survey Programme (ISSP) zum Thema „Soziale Ungleichheit" erhoben wurden. Als Ergebnis präsentieren die Verfasser ein „differenziertes und in gewissem Sinne auch irritierendes Bild" (12): Einerseits empfinde die Schweizer Bevölkerung die bestehenden sozialen Ungleichheiten als zu groß und wünsche sich eine solidarischere und gerechtere Gesellschaft, andererseits schrecke sie vor eingreifenden Maßnahmen zurück (228) und erweise sich als nur mäßig politisch interessiert und mobilisierbar (232). Als einen zentralen Befund identifizieren die Verfasser in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass von den Befragten zwar erhebliche Ungleichheiten wahrgenommen würden, sie sich aber persönlich häufig „systematisch von der kritischen Strukturwahrnehmung ausnehmen und kaum je selbst als Opfer" betrachten würden (233). Die Betroffenen tendierten demnach im Hinblick auf ihre persönliche Situation dazu, die eigene Position eher zu überschätzen. Eine Verknüpfung der individuellen Lage mit der Wahrnehmung der gesellschaftlichen Gesamtsituation werde nicht geleistet. Die eigene Einschätzung als zu einer „erweiterten Mittelschicht" gehörig resultiere nicht nur darin, dass für die eigene Situation wenig Handlungsbedarf gesehen werde, sondern darüber hinaus darin, dass die Befragten sich selbst eher als jener Gruppe zugehörig begriffen, die durch Umverteilungsmaßnahmen zugunsten benachteiligter Gruppen Besitzstände abgeben müssten und nicht als diejenigen, die von solchen Maßnahmen profitieren könnten. Auch die Komplexität der bestehenden Probleme habe letztlich dazu geführt, dass „viele den Glauben an die Machbarkeit einer gerechteren Gesellschaft verloren" (13) hätten. Aus dem Inhalt: I. Überblick; II. Objektive Ungleichheitsstrukturen und ihre Auswirkungen: 3. Materielle Ungleichheiten - Dimensionen und Verteilungen; 4. Lebensbedingungen und Lebensstile - Strukturelle und kulturelle Leitplanken des Alltags. III. Die Wahrnehmung der Ungleichheit: 5. Wahrnehmung von Gesellschaftsstruktur und eigener Position; 6. Einkommensverteilung: Verteilungsregeln, Legitimation, Kritik und Veränderungsinteresse; 7. Umverteilung als Weg zu einer gleicheren Gesellschaft? Die Steuerpolitik und die Staatstätigkeit im Visier; 8. Ängste und Hoffnungen - Ein Blick auf Gegenwart und Zukunft der Schweiz.
Tanja Pritzlaff (TP)
Dipl.-Politologin, wiss. Mitarbeiterin, Zentrum für Sozialpolitik, Universität Bremen.
Rubrizierung: 2.5 | 2.23 | 2.21 Empfohlene Zitierweise: Tanja Pritzlaff, Rezension zu: Hanspeter Stamm / Markus Lamprecht / Rolf Nef: Soziale Ungleichheit in der Schweiz. Zürich: 2003, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/9429-soziale-ungleichheit-in-der-schweiz_20230, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 20230 Rezension drucken