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Rüdiger Voigt

Staatskrise. Muss sich die Regierung ein anderes Volk wählen?

Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2010 (Staatsdiskurse 12); 206 S.; 38,- €; ISBN 978-3-515-09800-7
Die Aussage Rüdiger Voigts ist so knapp wie erschlagend: Der heutige Staat befinde sich in allen Gestalten und an allen Fronten in einer Krise. Der Vertrauensverlust der Bürger gegenüber ihren parlamentarischen Vertretern, den Regierenden oder der politischen Kaste allgemein erreiche unbekannte Abgründe und führe zu einer Legitimitätskrise für den Staat überhaupt. Der Nationalstaat werde durch internationale Vergemeinschaftung und Kooperation weiter ausgehöhlt. Der Sozialstaat schwinde mit der sinkenden innergesellschaftlichen Solidarität. Die globale Finanz- und Wirtschaftskrise zeige nur umso deutlicher die reine Interessens- und Lobbypolitik der mit der Herrschaft Beauftragten. Neben dieser schlagwortartigen politischen Analyse erliegt Voigt einigen von historischem Misstrauen und Verfolgungsängsten geprägten Argumentationsmustern. Er postuliert eine Rückbesinnung auf deutsche Interessen und hat dabei insbesondere das Verhältnis zu Frankreich und zu den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Blick. Das Ziel dieser in acht übersichtlichen Essays vorgetragenen Bestandsaufnahme ist die Revitalisierung des Staates und des Staatsverständnisses. Dabei rekurriert Voigt auf Carl Schmitt und wendet dessen Parlamentarismuskritik direkt auf aktuelle Fragestellungen an. Diese Schmitt-Hysterie zur Stärkung des Staates vergisst dessen historische Einordnung und Kritik. Das Schmitt’sche Identitätsmodell von Demokratie wiederholend, müsste nach Voigt der Bürger als eigentlicher demokratischer Souverän gestärkt werden. Das Selbstverständnis und das Selbstvertrauen des Bürgers als Souverän und Untertan innerhalb der Demokratie neu zu erzeugen, erscheint Voigt als Ausweg aus dieser Legitimationskrise. Er votiert für ein Europa der Vaterländer mit einer im Nationalstaat gestärkten Legislative als Kontrollinstrument einer handlungsfähigen und allein den Gemeinwohlinteressen unterworfenen Exekutive. In diesem Sinne sind Voigts Gedanken zur Staatskrise als politischer Appell zu lesen.
Ellen Thümmler (ET)
Dr., Politikwissenschaftlerin, wiss. Mitarbeiterin, Institut für Politikwissenschaft, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 5.41 Empfohlene Zitierweise: Ellen Thümmler, Rezension zu: Rüdiger Voigt: Staatskrise. Stuttgart: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33252-staatskrise_39761, veröffentlicht am 19.01.2011. Buch-Nr.: 39761 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken