Steuerungsdiskussion, Systemtheorie und Parlamentarismuskritik
Können Parlamentsgesetze eine sich rasch wandelnde Gesellschaft nicht mehr wirksam steuern? Angesichts der inzwischen mehr als zwanzigjährigen Steuerungsdiskussion geht es dem Autor darum, gegen die einseitig systemtheoretische "Modebrille" (V) auf die unverzichtbaren und im Grundgesetz normierten Grundlagen von Repräsentation, Gesetzgebung und Demokratie aufmerksam zu machen.
Der Autor kommt zu dem Ergebnis, daß "Steuerung", "Kommunikation" (71) und andere Begriffe aus der soziologischen Systemtheorie als verwaltungsrechtliche Schlüssel- oder Brückenbegriffe ungeeignet sind. Die grundlegenden Modellannahmen der Systemtheorie und des Grundgesetzes, so Lepsius, sind vor allem in der Frage der Subjektqualität des Menschen, beim Repräsentations- und Legitimationskonzept und bei der Stellung und Funktion des Gesetzes grundverschieden. Die aktuelle Steuerungsdiskussion in der Verwaltungsrechtswissenschaft hält er daher für fehlgeleitet und plädiert dafür, die Diskussion wieder verstärkt aus einer verfassungsrechtlichen Gesamtperspektive zu führen (72).
Inhaltsübersicht: II. Prämissen der Steuerungsdiskussion: 1. Die juristische Kritik am Gesetz; 2. Gesetzgebungskritik als Parlamentarismuskritik; 3. Die erkenntnistheoretische Kritik am Gesetz. III. Modellannahmen eines systemtheoretischen Gesellschaftsbildes: 1. Ausdifferenzierte Teilsysteme und die Herrschaft des Gesetzes; 2. Auswirkungen auf die Repräsentationsidee; 3. Die erkenntnistheoretischen Modellannahmen der Systemtheorie; 4. Die Einheit des Staates und die Einheit des Menschen. IV. Systemtheoretische Modellannahmen contra Strukturentscheidungen des Grundgesetzes: 1. Die Subjektqualität des Menschen und Art. 1 Abs. 1 GG; 2. Die Menschenwürde und Art. 2 Abs. 1 GG; 3. Die Menschenwürde und Art. 20 GG. V. Philosophische Brüche: 1. Erkenntnisgegenstand und Erkenntnisverfahren; 2. Die andere Wirklichkeit der Systemtheorie; 3. Verfassungsrechtliche Auswirkungen dieser Divergenzen.