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Mike Hulme

Streitfall Klimawandel. Warum es für die größte Herausforderung keine einfachen Lösungen gibt. Aus dem Englischen von Jörg Matschullat und Stephanie Hänsel, unter Mithilfe von Danny Arnold, Ronny Badeke, Eric Donner, Valentin Garbe, Friederike Klos, Stephan Lenk, Anne Müller und Berit Schult

München: oekom verlag 2014; 381 S.; 24,95 €; ISBN 978-3-86581-459-3
Mit seinem Buch möchte Mike Hulme nach eigenem Bekunden einen „Beitrag zu einem kulturellen Umdenken in Studien über Klimawandel“ (13) leisten. Dabei will der Geograf und ehemalige Direktor des renommierten Tyndall Centre for Climate Change Research vermitteln, dass es sich bei den Phänomenen Klima und Klimawandel um mehr handelt als bloße physikalische Prozesse, die sich mittels statistischer Methoden wissenschaftlich untersuchen lassen. Hulme zufolge hat sich der Klimawandel von einem wissenschaftlichen Forschungsgegenstand zu einem Streitpunkt in einem globalen gesellschaftlichen Diskurs entwickelt. Es handelt sich daher für ihn auch um ein gesellschaftliches Phänomen, das aus politischer, ethischer, kultureller und wirtschaftlicher Sicht betrachtet werden sollte. Um seine Ursprünge zu klären, liefert Hulme zunächst eine eingehende kultur‑ beziehungsweise ideengeschichtliche Betrachtung des Denkens über Klima und Klimawandel. Um die Vielschichtigkeit des Diskurses aufzuzeigen und die in diesem Komplex verflochtenen Narrative, Wissensstände und Sichtweisen zu erschließen, verlässt der Autor die ausgetretenen positivistischen Pfade der Klimaforschung. In sieben Kapiteln werden dazu unter anderem die Perspektiven der Wissenschaft, Wirtschaft, Religion, Psychologie, Medien und der Politik nachvollzogen. Welche Früchte eine solche multiperspektivische Vorgehensweise hervorbringen kann, wird im Kapitel zur wissenschaftlichen Rezeption des Klimawandels deutlich. Unter Berücksichtigung reflexivistischer wissenschaftstheoretischer Positionen wird hier auf die Uneinigkeit in der Forschergemeinschaft beim Prozess der Wissensgenerierung und hinsichtlich der Möglichkeiten und Grenzen von Wissenschaft verwiesen. Das Kapitel lässt sich dabei auf dreierlei Weise lesen: als Plädoyer für die Bescheidenheit der Erwartungen an die Klimaforschung; als Warnung vor der Vereinnahmung wissenschaftlicher Erkenntnisse; und als Aufforderung, die Grenzen von Wissenschaft und ihrer Leistungsfähigkeit offen zu kommunizieren. Die Komplexität des Klimawandels stellt nach Hulme die Erwartungen an die Wissenschaft infrage, objektive Wahrheiten und Vorhersagen bieten zu können. Der Klimawandel ist für ihn damit auch „eine Geschichte über das Aufeinandertreffen von Natur und Kultur […] und darüber, wie wir Natur und Kultur kontinuierlich erschaffen und neu gestalten“ (26).
Christian Patz (CPA)
M.A., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Institut für Sozialwissenschaften, Fachbereich Politikwissenschaft, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
Rubrizierung: 4.455.422.2 Empfohlene Zitierweise: Christian Patz, Rezension zu: Mike Hulme: Streitfall Klimawandel. München: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37327-streitfall-klimawandel_45487, veröffentlicht am 24.07.2014. Buch-Nr.: 45487 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken