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Christoph Marx

Südafrika. Geschichte und Gegenwart

Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer 2012; 325 S.; kart., 29,90 €; ISBN 978-3-17-021146-9
Eine längere Geschichte als die von Südafrika könnte nicht erzählt werden – von der Entstehung der Menschheit bis in die Gegenwart. Christoph Marx, Professor für außereuropäische Geschichte an der Universität Duisburg-Essen, legt eine präzise geschriebene Darstellung von Gesellschaft und Politik vor. Eine der wichtigen Informationen findet sich bereits im ersten Kapitel mit dem Hinweis, dass ethnische Gruppen „in der historisch bekannten Zeit seit etwa 1500 nicht primär als Kulturgemeinschaften fassbar [sind], sondern als politische Gemeinweisen mit einem Chief an der Spitze“ (21). Aber erst der Apartheidstaat habe den Begriff Bantu essenzialisiert und diese Völker als Ethnien abgegrenzt. Im späteren Kapitel über konkurrierenden Nationalismus erinnert Marx daran, dass vor allem englischsprachige Politiker die Protagonisten der Rassentrennung waren, während der Historiker William Macmillian darauf verwies, „dass die Südafrikaner trotz ihrer multiethnischen Ursprünge auf dem Weg zu einer integrierten Gesellschaft seien“ (218). Dieser betonte außerdem, dass die Probleme des Landes nicht kulturell bedingt, sondern soziale seien, hervorgerufen durch die Ungleichverteilung von Einkommen und beruflichen Chancen. In der weiteren Darstellung wird deutlich, dass die „Rassentrennung zur dominanten Form des Umgangs mit sozialen Problemen in Südafrika erhoben“ (221) wurde. Mit der Einführung der Apartheid 1948 (!) wurde zudem die „Segregation im Alltagsleben in eine territoriale Umgestaltung des Landes ausgeweitet“ (223). Indem Marx die Zusammenhänge zwischen sozialer Frage, wirtschaftlicher Entwicklung und (rassistischer) Politik weiter herausarbeitet, wird der Apartheidstaat erklärlich. Den Anfang vom Ende des Regimes setzt Marx mit dem Schüleraufstand von Soweto 1976 an, verweist aber auch auf die zunehmend hohen Kosten des Staates bei der Durchsetzung der Rassentrennung (bei gleichzeitig sinkenden Einnahmen durch die Goldförderung) und den volkswirtschaftlichen Schaden durch sie – die schwarze Bevölkerung fehlte mehr und mehr als gut ausgebildete Arbeitskräfte in der Industrie. Die Gründe, warum das Regime 1989 nicht mehr zu halten war, seien nicht gänzlich erforscht, schreibt Marx. Deutliche Kritik ist dann an Akteuren wie „nicht zuletzt neoliberale[n] Dogmatiker[n] aus Deutschland“ (297) zu lesen, die nach dem Ende der Apartheid dem Staat eine neoliberale Wirtschaftspolitik aufdrückten – das Hauptproblem aber, die Schaffung neuer Arbeitsplätze hat sich „als unlösbar“ (298) erwiesen. Für das gegenwärtige Südafrika zeichnet Marx schließlich ein düsteres Bild, geprägt u. a. durch eine verfehlte Aids-Politik, Korruption und einen politisch erstarrten ANC.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.67 | 2.1 | 2.2 | 4.1 | 2.25 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Christoph Marx: Südafrika. Geschichte und Gegenwart Stuttgart: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35106-suedafrika-geschichte-und-gegenwart_42253, veröffentlicht am 16.08.2012. Buch-Nr.: 42253 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken