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Heiner Flassbeck

66 starke Thesen zum Euro, zur Wirtschaftspolitik und zum deutschen Wesen

Frankfurt a. M.: Westend Verlag 2014; 224 S.; 14,99 €; ISBN 978-3-86489-055-0
„Die Krux mit der Wirtschaftskompetenz ist eben, dass man sich entscheiden muss, ob man einzelwirtschaftlich kompetent sein will oder gesamtwirtschaftlich“ (132), fasst Heiner Flassbeck seine Überlegungen zusammen. Sein Buch liest sich wie ein Hilfeschrei gegen die deutsche Volkswirtschaft und deren Meinungsvertreter. Kollektiv und in großem Maße, so der Vorwurf, werden Theorien und Modelle gepredigt, die bereits längst empirisch widerlegt sind. „Doch kaum etwas geschah. Im Gegenteil, das herrschende Dogma wurde noch fester gezurrt: ‚Wettbewerbsfähigkeit‘ wurde vor allem in Europa zur alles beherrschenden Doktrin, und die Macht der Finanzmärkte wurde nur kosmetisch behandelt“ (217). Flassbeck greift aus einem Fundus großer politischer Erfahrung und akademischen Könnens. Messerscharf analysiert er, wie bereits in früheren Publikationen, die Ursachen der Eurokrise, die er in den unterschiedlichen Lohnstückkostenentwicklungen ausmacht, und greift vor allem das deutsche Selbstverständnis als Leitnation an: Deutschland diene nicht als Vorbild, sondern sei Verursacher vieler Probleme, formuliert Flassbeck bewusst unpopulär. Rente, Arbeitsmarkt, Klimawandel – der Verfasser behandelt konsequent alle Themen im Bereich der Wirtschaft und das vergleichsweise nüchtern und rein auf der Basis von Fakten. Insgesamt entsteht so ein Werk, das nicht nur durch sprachliche Brillanz, sondern vor allem durch seine Faktenstärke überzeugt. Argumentativ heikel wird es nur, wenn Flassbeck die Schröder‑Regierung kritisiert, in deren Anfangsjahren er als Staatssekretär mitverantwortlich war. Dennoch ist dieses Werk allen zu empfehlen, die einen Blick über den engen Tellerrand des deutschen volkswirtschaftlichen Mainstreams wagen und sich an Fakten statt an Dogmen orientieren wollen. „Die meisten der Ökonomen, die rein akademisch arbeiten, sind immer erstaunt, wenn sie jemandem wie mir zuhören, der seine Schlussfolgerungen auf einfachen empirischen Befunden aufbaut und eine Menge Erfahrungen aus der Politik mitbringt“ (185), erklärt Flassbeck lakonisch.
Vincent Wolff (VW)
Student der Politikwissenschaft, Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie, Universität Bonn.
Rubrizierung: 2.2 | 2.342 | 3.5 | 2.61 | 4.43 | 2.64 Empfohlene Zitierweise: Vincent Wolff, Rezension zu: Heiner Flassbeck: 66 starke Thesen zum Euro, zur Wirtschaftspolitik und zum deutschen Wesen Frankfurt a. M.: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37116-66-starke-thesen-zum-euro-zur-wirtschaftspolitik-und-zum-deutschen-wesen_45764, veröffentlicht am 22.05.2014. Buch-Nr.: 45764 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken