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Christine Hikel / Sylvia Schraut (Hrsg.)

Terrorismus und Geschlecht. Politische Gewalt in Europa seit dem 19. Jahrhundert

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2012 (Geschichte und Geschlechter 61); 326 S.; 39,90 €; ISBN 978-3-593-39635-4
Politisch motivierte Gewalt und Gewaltbekämpfung gehören spätestens seit dem 11. September 2001 zu den meist diskutierten politischen Themen. Die Autoren des Sammelbandes behandeln diese Thematik für den Zeitraum seit dem 19. Jahrhundert in Europa und im Zusammenhang mit dem in der Geschichtsforschung noch wenig erforschten Komplex von Terrorismus, Geschlecht und Erinnerung. Sylvia Schraut führt in ihrem Artikel in die Thematik ein, indem sie zunächst den Terrorismusbegriff diskutiert. Nachvollziehbar entscheidet sich Schraut, dass Terrorismus „auf eine öffentliche Auseinandersetzung um die Legitimität der bestehenden Staats- bzw. Herrschaftsform oder Regierung und auf eine öffentliche Debatte darüber [ziele], welche politischen (gewaltsamen) Partizipationsrechte den Angehörigen eines Gemeinwesens im Umgang mit dem eigenen oder auch fremden politischen System zustehen“ (12 f.). Erörterungsbedürftig erscheint dagegen die Behauptung, dass der Terrorismus eine Regierungsform voraussetzt, „in denen sich Herrschaft durch staatstragende Mehrheiten legitimiert“ (13), womit es also keinen Terrorismus gegen Theokratien oder Dynastien geben könne. Die Legitimitätsdebatten spiegelten zudem immer auch das aktuelle Verständnis über Geschlechterverhältnisse und die Chance zur Partizipation von Frauen und Männern in der Politik wider. Im Hinblick auf das Thema Erinnerung macht Schraut darauf aufmerksam, dass in der gegenwärtig so angesagten Erinnerungsforschung das Geschlechterthema vernachlässigt wird. Die Beiträge des Bandes sind Fallbeispiele zu dem oben angesprochenen Themenkomplex, die in drei Teile gegliedert sind. Im Teil „Wissensproduktion“ wird analysiert, wie und von wem Wissen über Terroristen und Terroristinnen „produziert“ (23) wird. Im zweiten Teil – „Deutungen und Traditionen“ – fragen die Autoren, wie „Terrorismuswissen“ (25) in verschiedenen historischen Situationen erinnert und genutzt wird. Mit der Analyse der Repräsentation des Terrorismus in Literatur, Museen, Film und Kunst als drittem Teil schließt der Band. Der Sammelband erhält viele interessante Erkenntnisse im Hinblick auf die drei Themen und lädt zu weiterer Forschung in diesem Bereich ein.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.25 | 2.27 | 2.311 | 2.4 | 2.61 | 2.62 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Christine Hikel / Sylvia Schraut (Hrsg.): Terrorismus und Geschlecht. Frankfurt a. M./New York: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35340-terrorismus-und-geschlecht_42566, veröffentlicht am 27.09.2012. Buch-Nr.: 42566 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken