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Viktor Timtschenko

Ukraine. Einblicke in den neuen Osten Europas

Berlin: Ch. Links Verlag 2009; 223 S.; brosch., 16,90 €; ISBN 978-3-86153-488-4
Der bei der Deutschen Welle in der Bundesrepublik tätige Diplomjournalist Timtschenko schildert schonungslos und zugleich humorvoll die Situation und die Konflikte in seinem Heimatland, in dem er 1953 geboren wurde: Während einerseits viele Familien mit einem niedrigen Durchschnittslohn (190 € monatlich) eher bescheiden leben müssten, hätten andererseits Funktionäre und Oligarchen nach der Wende in den Jahren des „wilden Kapitalismus“ (136) mehrere hundert Millionen Dollar Privatvermögen angehäuft. Und so ist es wenig überraschend, dass die Korruption im Lande blühe, wenngleich sie keineswegs ein neues Phänomen sei. Kritisch bewertet Timtschenko die Akteure der „Orangenen Revolution“ 2004, sie hätten keine konkreten Vorstellungen von der Zukunft ihres Landes gehabt, was erst nach der Machtübernahme deutlich geworden sei: „Der Forderung ‚Kutschma muss weg’ folgten weder schlüssige Pläne zur Zerschlagung der diktatorischen Staatsstrukturen noch zeichneten sich Grundrisse für den Übergang zur Demokratie ab.“ (71) Daher sei es fraglich, ob der Begriff Revolution für die Ereignisse wirklich gerechtfertigt ist, grundlegende Veränderungen in Staat und Gesellschaft seien nicht erfolgt. Eine politische und wirtschaftliche Elite sei lediglich durch eine ähnliche ersetzt worden. Viel ist über das schwierige und zugleich enge Verhältnis des Landes zu Russland zu erfahren: „Es gibt Millionen Fäden, die beide Völker verbinden.“ (88). Besonders eindrucksvoll sind die Ausführungen über den Atomunfall in Tschernobyl und dessen Folgen: 20 Jahre nach dem GAU werden die Verluste für die Ukraine, Belarus und Russland mit 250 Milliarden Dollar beziffert, die Strahlung werde im Tschernobyl‑Gebiet Zehntausende von Jahren erhalten bleiben. Menschen würden das Gebiet erst in 600 Jahren wieder bewohnen können, schreibt er. Insgesamt legt Timtschenko ein sehr informatives Buch vor, das einen schnellen Überblick über die Geschichte, Kultur und Wirtschaft der Ukraine vermittelt und sich aufgrund der Schilderung von persönlichen Erlebnissen und Anekdoten leicht liest.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.61 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Viktor Timtschenko: Ukraine. Berlin: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/29842-ukraine_35353, veröffentlicht am 24.07.2009. Buch-Nr.: 35353 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken