Skip to main content
Margot Geiger

Umkämpftes Territorium. Markt, Staat und soziale Bewegungen in Argentinien

Münster: Westfälisches Dampfboot 2010; 294 S.; 29,90 €; ISBN 978-3-89691-861-1
Politikwiss. Diss. FU Berlin; Gutachter: E. Altvater, M. Braig. – Im Kontext von Globalisierung und Neoliberalismus und als Folge von Schuldenkrise und Hyperinflation nahm die Armut in Argentinien in den 90er-Jahren weiter zu. Prekarisierung, Arbeitslosigkeit und soziale Ausgrenzung ließen viele Menschen verarmen. Als Reaktion darauf entstand jedoch eine heterogene Erwerbslosenbewegung, die durch soziale Proteste Forderungen durchzusetzen versuchte und Selbsthilfenetzwerke auf lokaler Ebene (barrios) initiierte. Die Autorin untersucht die Wechselwirkungen zwischen Staat beziehungsweise der Organisation staatlicher Herrschaft und der Erwerbslosenbewegung. Müssen soziale Bewegungen in und mit staatlichen Institutionen agieren, um „alternative Formen der Vergesellschaftung“ (13) realisieren zu können oder ist es besser, gegen sie zu opponieren? Geiger verknüpft staats- und raumtheoretische Konzepte von Poulantzas (mit dem Staat) und Lefebvre (gegen den Staat). Die Zusammenführung von Theorieelementen aus beiden Ansätzen ermögliche es, „die Veränderung alltäglicher Praxen als eine Voraussetzung für sozialen Wandel zu begreifen, ohne den Staat als einen strategischen Einsatzpunkt für soziale Bewegungen aus dem Blick zu verlieren“ (57). Um Formen sowohl der sozialen Integration als auch der sozialen Ausgrenzung bestimmen zu können, zeichnet die Autorin zunächst die sozioökonomische Entwicklung Argentiniens seit den 50er-Jahren nach und beschreibt die Entstehung der Erwerbslosenbewegung. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht dann die Amtsperiode von Néstor Kirchner von 2003 bis 2007. Neben einer verbesserten Menschenrechtspolitik leitete Kirchner nach seinem Amtsantritt wirtschafts- und sozialpolitische Reformen ein. Deren emanzipatorischer Gehalt sei jedoch gering, schreibt die Autorin. Kirchner sei es gelungen, die Protestbewegung geschickt in seine Regierungspolitik einzubinden und den Spielraum für klientelistische Praktiken zu erweitern. Vor allem durch die Genossenschaftsförderung wurden Forderungen nach Selbstbestimmung von unten „zwar aufgegriffen, jedoch in einer Weise modifiziert, die die Kontinuität der Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnisse sicherte“ (270).
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.65 | 2.22 | 2.262 | 2.2 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Margot Geiger: Umkämpftes Territorium. Münster: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33000-umkaempftes-territorium_39418, veröffentlicht am 09.02.2011. Buch-Nr.: 39418 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken