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Julia Schultz

Umwelt und Gerechtigkeit in Deutschland. Ein Beitrag zu einer Systematisierung und ethischen Fundierung

Marburg: Metropolis-Verlag 2009 (Beiträge zur Theorie und Praxis starker Nachhaltigkeit 4); 299 S.; 34,80 €; ISBN 978-3-89518-762-9
Diss. Greifswald; Gutachter: K. Ott, G. Scherhorn. – In den Debatten über die Umweltpolitik in Deutschland spielt die Frage der Umweltgerechtigkeit bisher nur eine untergeordnete Rolle. Dagegen wird in den USA über „Environmental Justice“ seit Langem kontrovers diskutiert. Die Autorin nimmt die Verknappung ökologisch relevanter Güter und die Tendenz zu wachsender Prekarisierung zum Anlass einer Systematisierung und ethischen Fundierung der Umweltgerechtigkeit. Dabei unterscheidet Schultz zwischen Umweltgerechtigkeit (zwischen Mensch und Mensch) und Ökologischer Gerechtigkeit (zwischen Mensch und Mensch und Mensch und Natur). Basierend auf den Gerechtigkeitsansätzen von Rawls und Nussbaum wird sauber herausgearbeitet, dass Umweltgerechtigkeit einerseits als moralische Norm angesehen werden, andererseits aber auch zu Interessenkonflikten führen kann, die besonders sozial Schwächere treffen können. „Tatsache ist [...], dass nicht alles, was ökologisch sinnvoll ist, per se sozial gerecht ist.“ (19) Vor allem Menschen mit geringem Einkommen oder schlechterer Bildung hätten mehr Probleme, sich an Umweltmaßnahmen anzupassen als besser gestellte Mitbürger: „Es fällt ihnen schwerer, sich Schadstoffbelastungen zu entziehen (z. B. durch Umzug), umweltschonendere Produkte zu kaufen oder steigende Preise für Umweltgüter zu zahlen (z. B. für Haushaltsenergie).“ (19) Schultz sieht in der Gesundheitspolitik, der Energiepolitik und bei Tierrechten praktische Möglichkeiten, Umweltgerechtigkeit für breite Schichten zu realisieren. Sie empfiehlt „ein stärkeres ökologisches Empowerment sozial Schwacher“ (242). Gleichzeitig sollte Umweltpolitik „konfrontativer werden und auch ‚heilige Kühe’ wie Lebensstile stärker unter Gerechtigkeitsaspekten problematisieren“ (242). Schultz hat ein komplexes Thema fundiert aufgearbeitet und wichtige Anregungen für einen neuen ökologisch-sozialen Diskurs in Deutschland geliefert. Damit wird es möglich, Umweltschutz „um eine Art sozialen Verträglichkeitstest“ (20) zu ergänzen und die Akzeptanz für umweltpolitische Eingriffe zu stärken.
Armin König (AK)
Dr., Verwaltungswissenschaftler, Bürgermeister der Gemeinde Illingen, Dozent Fachhochschule für Verwaltung (FHSV) des Saarlandes.
Rubrizierung: 2.341 | 2.343 | 2.35 | 2.64 | 2.22 | 2.23 | 2.261 Empfohlene Zitierweise: Armin König, Rezension zu: Julia Schultz: Umwelt und Gerechtigkeit in Deutschland. Marburg: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31500-umwelt-und-gerechtigkeit-in-deutschland_37502, veröffentlicht am 03.11.2009. Buch-Nr.: 37502 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken