Die Königstochter erwählt statt des ritterlichen Drachentöters lieber den Handwerker, der Kunde krönt die über den Tresen gebeugte Verkäuferin. Gelegentlich entkam die Satire dem Zensor, oft auf dem Umweg über die Tier- oder Märchenwelt – was sollte die schon mit real existierendem Sozialismus zu tun haben? Karikiert wurden so Zustände in der DDR bis hin zur Ellbogenmentalität, was eigentlich aber gar nicht vorgesehen war. Das galt als kleinbürgerliche, verantwortungslose Nörgelei. Nach dem Willen der SED hatten die Karikaturisten den bösen Westen, Faschisten, Imperialisten und Ähnliche mit der spitzen Feder aufzuspießen. Vor allem bis in die Sechzigerjahre hinein wurde dieser Parteiauftrag in drastischen Bildern befolgt – eine politische Agitation, die keinesfalls witzig war. Der Band beginnt mit diesen satirischen Pamphleten, denen anfangs besonders häufig Adenauer zum Opfer fiel, und zeigt dann die Entwicklung der Karikaturen bis hin zu denen der Opposition und denen über die friedliche Revolution. Die zahlreichen Bilder werden durch gut geschriebene Beiträge ergänzt, in denen auch aus eigener Anschauung berichtet wird. Der Band ist als Begleitung zu einer Ausstellung erschienen, die von April bis Oktober 2005 im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig zu sehen war. Aus dem Inhalt: Daniel Kosthorst: Zeichen der Zeit. Karikaturen in der DDR (9-17), Günter Kunert: Neubeginn. „Ulenspiegel“ und „Frischer Wind“ (19-21), Gotthard Brandler: Feindbilder. Karikaturen als Waffe (33-35), Reiner Schwalme: Wunschbilder. Gezeichnete Propaganda (49-51), Henrike Girmond: Spielräume. Erlaubtes und Gewagtes (62-65), Andreas J. Mueller: Tabus. Verbotene Bilder (89-91), Dirk Moldt: Anschläge. Karikaturen der Opposition (105-107), Rainer Eckert / Daniel Kosthorst: Umbrüche. Friedliche Revolution und Karikatur (117-119), Johannes Piepenbrink: Ausblicke. DDR-Karikaturisten zur deutschen Einheit (131-133).