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Claire Sterling

Verbrecher kennen keine Grenzen. Die internationale Mafia übernimmt die Macht. Aus dem Englischen von Charly Silber

München: Knaur 1996; 304 S.; 14,90 DM; ISBN 3-426-77228-0
Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts sind den Völkern die Feindbilder abhanden gekommen. Auf der Suche nach Ersatz wurde rasch ein neues "Krebsgeschwür" der Staatengemeinschaft aufgedeckt: das organisierte Verbrechen. Die Autorin, lange Jahre Auslandskorrespondentin der "Washington Post" in Rom, reiht sich mit ihrem Buch in die Phalanx derer ein, die der angeblichen Weltverschwörung des internationalen Verbrechens auf der Spur sind. Leider kolportiert auch sie, wenngleich in der Sprache weniger reißerisch als manche KollegInnen, eine ganze Ansammlung billigster Klischees, die unter dem Etikett "Mafia" beliebig zusammenzufassen sind. Hier sind es vor allem die russische, chinesische und auch amerikanische Mafia, die sie im Blick hat. Glaubt man Sterling, so ist die Welt "der organisierten Kriminalität fast hoffnunsglos ausgeliefert" (Buchinfo). Das trifft den Nerv der besorgten Leser und verkauft sich gut. Leider entgeht auch ihr damit, daß es viele weitere, zum Teil viel "effektivere" Formen des organisierten internationalen Verbrechertums gibt, die im Bereich der "weißen Kragen", etwa der Wirtschaftskriminalität existieren. Politikwissenschaftlich "interessant" wird das Buch dort, wo die immer wieder behauptete "Ohnmacht des Rechtsstaates" (257) als Ursache für das ungehinderte Ausbreiten der organisierten Kriminalität angegeben wird. Ebenso flach wie ihre Analyse sind hier die von Sterling angebotenen Gegenrezepte: Verschärfung der Asylgesetze, mehr Polizei und mehr Kontrolle nach dem "law and order"-Prinzip. Daß es keinen Automatismus zwischen mehr staatlicher Repression und einem Absinken der Kriminalität gibt, ist ihr offenbar nicht bekannt. Somit führt das Buch in der wissenschaftlichen Debatte keinen Schritt weiter.
Christopher Hausmann (CH)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 4.45 | 2.62 Empfohlene Zitierweise: Christopher Hausmann, Rezension zu: Claire Sterling: Verbrecher kennen keine Grenzen. München: 1996, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/1535-verbrecher-kennen-keine-grenzen_1750, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 1750 Rezension drucken