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Jörg Riecken

Verfassungsgerichtsbarkeit in der Demokratie. Grenzen verfassungsgerichtlicher Kontrolle unter besonderer Berücksichtigung von John Hart Elys prozeduraler Theorie der Repräsentationsverstärkung

Berlin: Duncker & Humblot 2003 (Schriften zum Öffentlichen Recht 916); 539 S.; 78,- €; ISBN 3-428-10810-8
Rechtswiss. Diss. Heidelberg. - Die Arbeit untersucht die Grenzen der Verfassungsgerichtsbarkeit aus einer demokratietheoretischen Perspektive und fokussiert diese Problematik speziell auf die Grundrechtsnormen, die aufgrund ihrer Offenheit zu einem Einfallstor für richterlichen Aktivismus werden können. Ausgehend von der 1980 in „Democracy and Distrust" entwickelten Theorie Elys zeichnet der Verfasser nach einer kurzen Einführung im ersten Teil umfassend und mit großer Detailkenntnis deren Genese, Gehalt, Rezeption und Diskussion im amerikanischen Kontext nach, steht ihr aber, von einem dezidiert materialen Verfassungsverständnis herkommend, skeptisch gegenüber. Insoweit schließt der erste Teil auch mit einer zurückhaltenden Überlegung zur Übertragbarkeit von Elys Theorie auf die Grenzen verfassungsgerichtlicher Kontrolle in der Bundesrepublik. Im zweiten Teil widmet sich die Arbeit dann der Begrenzung der Grundrechtskontrolle des Bundesverfassungsgerichts durch Methodik, Verfassungstheorie und funktionell-rechtliche Ansätze. Auch hier beeindruckt die Arbeit durch Detailwissen und Differenzierungsfähigkeit. Die dem Bundesverfassungsgericht vielfach vorgeworfene Überdehnung seiner Kompetenzen durch richterlichen Aktivismus vermag der Verfasser nicht zu sehen. Zwar stellt er - zutreffend - fest, dass die Begrenzung der Grundrechtskontrolle des Bundesverfassungsgerichts durch Methodik nur schwach ausgeprägt ist, während die Verfassungstheorie hier deutlich mehr Möglichkeiten bietet. Auch sieht er funktionell-rechtliche Ansätze primär als Option für eine ergänzende Begrenzung von Interpretation und verfassungsgerichtlicher Kontrolle. Indessen führt das zugrunde gelegte materiale Verfassungsverständnis wie schon im ersten Teil zu der These, dass „starker Grundrechtsschutz schwache verfassungsgerichtliche Grenzen zu rechtfertigen vermag" (505).
Roland Lhotta (RL)
Prof. Dr., Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.323 | 5.41 Empfohlene Zitierweise: Roland Lhotta, Rezension zu: Jörg Riecken: Verfassungsgerichtsbarkeit in der Demokratie. Berlin: 2003, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/18484-verfassungsgerichtsbarkeit-in-der-demokratie_21416, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 21416 Rezension drucken