Verhärtete Fronten. Der schwere Weg zu einer vernünftigen Islamkritik
Die Debatte um ein gelingendes Zusammenleben und die Rolle des Islams in Deutschland ist inzwischen deutlich vorangeschritten, hat aber mitnichten an ideologischer Schärfe eingebüßt. Während viele Muslime und Nicht-Muslime unverkrampfter miteinander umgehen und reden, haben sich die Positionen in einigen Teilen der Gesellschaft eher verhärtet – im öffentlichen Diskurs dominieren die Lautsprecher beider Seiten. Auch der wissenschaftliche Diskurs ist nicht frei von ideologischer Islamkritik und -verherrlichung. Beiden Positionen hat der Autor bereits zwei Sammelbände gewidmet. Dieses Buch enthält mehrere Aufsätze aus beiden Werken und ergänzt sie um acht neuere Beiträge. Schneiders unterteilt sie in die Abschnitte „Islamfeindlichkeit“ und „Vernünftige Islamkritik“. Unverständlich ist dabei, warum der Herausgeber in der Einleitung erläutert, der Begriff „Islamophobie“ solle nicht verwendet werden, zwei Autoren diesen aber in ihren Beiträgen ungerührt mit wissenschaftlichem Anspruch verwenden (Farid Hafez und Klaus J. Bade). Schneiders nüchtern-aufklärerisches Anliegen stützen vor allem Beiträge, deren Thesen einigermaßen empirisch unterfüttert sind. Dazu zählen Lamya Kaddors Erläuterungen zur Schwierigkeit, einen kritischen innerislamischen Dialog zu führen, Juliane Wetzels Beitrag zu Antisemitismus unter deutschen Muslimen, die Vergleichsstudie zum Gewaltverhalten christlicher und muslimischer Jugendlicher (Dirk Baier/Christian Pfeiffer) sowie Schneiders differenzierte Analyse islamkritischer Argumentationen. Demgegenüber behauptet etwa Wolfgang Benz ohne Belege ein Einsickern rechtspopulistischer Argumente in breitere gesellschaftliche Debattenkreise: „Die Gleichsetzung deutscher Bürger muslimischer Religion mit fanatisierten Terroristen hat Methode“ (23). Schade, dass Schneiders solchen Beiträgen viel Platz lässt, da seine Sammelbände ansonsten einen dringend nötigen Gegenpol zu der Literatur aufbauen, die das Thema gegenwärtig dominiert.