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Sylvia Pannowitsch

Vetospieler in der deutschen Gesundheitspolitik. Ertrag und Erweiterung der Vetospielertheorie für qualitative Fallstudien

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2012 (Policy Analyse 2); 326 S.; brosch., 54,- €; ISBN 978-3-8329-7119-9
Diss. Münster; Begutachtung: K. Schubert, N. Bandelow. – Die geringe Reformfähigkeit der deutschen Politik wird häufig mit dem hohen Grad der Politikverflechtung und der großen Anzahl von Vetospielern begründet. Die Annahmen der Vetospielertheorie werden dabei meist auf das politische System insgesamt bezogen; für eine differenzierte Betrachtung von Politikstabilität oder -wandel in einzelnen Politikfeldern und Zeitabschnitten seien sie, so die Autorin, bislang wenig ergiebig. Daher will sie die Vetospielertheorie erweitern und – indem sie sie in der Politikfeldanalyse anwendet – deren empirische Brauchbarkeit testen. Als Ausgangsbasis dient die Vetospielertheorie von George Tsebelis, deren Variablen (Anzahl, Kohäsion, Kongruenz) um sogenannte „Konsensvariablen“ (Strategie, Handlungsdruck, „Interaktionsorientierung“ [19]) sowie die Variable der Macht ergänzt werden. Zudem arbeitet Pannowitsch mit einem erweiterten Vetospielerbegriff, der je nach Entscheidungsbeteiligung und Gestaltungsmacht auf formaler und inhaltlicher Ebene vier Akteursebenen umfasst. Für die Anwendung des von ihr entwickelten Instrumentariums hat die Autorin drei gesundheitspolitische Reformen ausgewählt, die „verschiedene Grade von Politikstabilität und […] verschiedene Akteurskonstellationen repräsentieren“ (57): das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) von 1992, das Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) von 2004 und das Wettbewerbsstärkungsgesetz (WSG) aus dem Jahr 2007. Entlang dieser drei Reformen untersucht die Autorin die Bedeutung der einzelnen Analysevariablen für Politikstabilität beziehungsweise -wandel, wobei sie zunächst die Tsebelis’schen Variablen und im zweiten Schritt die von ihr ergänzten Variablen betrachtet. Im Ergebnis kann die Autorin ihre These bestätigen. Sie zeigt auf, dass eine hohe Vetospielerzahl nicht zwangsläufig einen Reformstau bedingt und stellt zahlreiche Interdependenzen zwischen den Variablen fest. Entscheidend seien Fragen nach Positionen, Präferenzen und Interaktionen der Vetospieler, die Aufschluss über die Reformfreundlichkeit der Akteure – als die zentrale Variable für Politikstabilität – geben.
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 5.45 | 2.343 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Sylvia Pannowitsch: Vetospieler in der deutschen Gesundheitspolitik. Baden-Baden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35088-vetospieler-in-der-deutschen-gesundheitspolitik_42230, veröffentlicht am 20.09.2012. Buch-Nr.: 42230 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken