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Gerhardt Csejka / Stefan Sienerth (Hrsg.)

Vexierspiegel Securitate. Rumäniendeutsche Autoren im Visier des kommunistischen Geheimdienstes

Regensburg: Friedrich Pustet 2015 (Veröffentlichungen des Instituts für deutsche Kultur und Geschichte Südeuropas an der Ludwig-Maximilians-Universität München 129); 280 S.; kart., 29,95 €; ISBN 978-3-7917-2679-3
Die Akten der Securitate, dem rumänischen Pendant der Stasi, seien nicht frei von strukturellen Analogien zum sozialistischen Realismus, stellt der Essayist und Übersetzer Gerhardt Csejka nicht ohne Ironie bei der Lektüre der Berichte über ihn fest – „vorgeprägte Muster, genormte Meinungen, rücksichtsloses Zurechtbiegen bzw. Glattbügeln aller Widerstände und individueller Nuancen, ein Reduktionismus der gewaltsamen und dümmstmöglichen Art“ (257). Dennoch ist ihre Wahrnehmung durch den repressiven Staat für diejenigen, die als Feinde klassifiziert wurden, für das Verstehen der eigenen Biografie nicht ohne Bedeutung. Dies gilt auch und insbesondere für die deutschsprachigen Schriftsteller Rumäniens, die allein schon durch ihre kulturelle Zugehörigkeit zu einer Minderheit einem Generalverdacht ausgesetzt waren – galten die Deutschen doch per se tendenziell als Faschisten und Nationalisten. Die deutsche Minderheit wurde daher vom „August 1948 bis Ende 1989, teils darüber hinaus, laufend überwacht“ (Eduard Schneider, 268). Im November 2009 fand zu diesem Themenkomplex eine Tagung statt, die das Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas der LMU München gemeinsam mit dem Nationalrat für das Studium der Securitate‑Archive veranstaltete, Schwerpunkt war die „Deutsche Literatur in Rumänien im Spiegel und Zerrspiegel der Securitate‑Akten“. Die drei Kapitel des Tagungsbandes sind leider nicht explizit inhaltlich geordnet. Unter den aber zahlreichen aufschlussreichen Beiträgen befindet sich etwa der von Georg Herbstritt über die doppelte Überwachung der rumäniendeutschen Schriftsteller durch Stasi und Securitate, die sich allerdings nichts absprachen oder austauschten. Bemerkenswert ist die Feststellung, dass man aus Sicht der DDR im Rumänien der frühen 1980er‑Jahre ideologische Freiräume zu entdecken glaubte, die mit den eigenen politischen Linien nicht zu vereinbaren waren. Der Beitrag von Cristina Petrescu über die bereits 1975 in Temeswar verbotene literarische „Aktionsgruppe Banat“ lässt allerdings deutlich erahnen, wie klein (oder eher nicht vorhanden) dieser Spielraum tatsächlich gewesen sein muss. Der Schriftsteller Franz Hodjak erzählt in seinem Beitrag ähnlich wie Gerhardt Csejka davon, dass einige Informationen des Geheimdienstes zwar stimmten, meist aber ein Konstrukt unsinniger, abstruser Behauptungen waren – ihn habe aus seiner Securitate‑Akte „ein Staatsfeind […] ungläubig“ (139) angeblickt.
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Rubrizierung: 2.612.252.3142.23 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Gerhardt Csejka / Stefan Sienerth (Hrsg.): Vexierspiegel Securitate. Regensburg: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39229-vexierspiegel-securitate_47607, veröffentlicht am 07.01.2016. Buch-Nr.: 47607 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken