Skip to main content
Elmar Wiesendahl

Volksparteien. Aufstieg, Krise, Zukunft

Opladen u. a.: Verlag Barbara Budrich 2011; 240 S.; 19,90 €; ISBN 978-3-86649-385-8
Das bundesdeutsche Parteiensystem ist erkennbar im Umbruch. Sichtbarstes Zeichen ist die Erosion der Volksparteien. Elmar Wiesendahl ordnet diesen Niedergang in eine längerfristige Perspektive ein. So skizziert er zunächst den Aufstieg von CDU, CSU und SPD zu den dominierenden Parteien der Bundesrepublik. In Abgrenzung zu Otto Kirchheimers These von den Catch All-Parteien arbeitet er heraus, dass alle drei Parteien ein sehr spezifisches Verständnis von Volkspartei haben und dass es trotz der Annäherung der Parteien zueinander weiterhin elementare Unterschiede in Ausrichtung und Wählerschaft gibt. „Eine Volkspartei muss einerseits der ihr loyal verbundenen milieugebundenen Stammwählerschaft ein verlässliches politisches Sprachrohr […] sein und andererseits der neu hinzugewonnenen Wählerschaft so viele Anreize bieten, dass diese nicht davonläuft“ (83). Daraus erwachse ein gewisses Spannungsverhältnis. Volksparteien seien vor diesem Hintergrund dazu verdammt, pragmatisch zu agieren. Die Folge sei aber, dass sie „mit ihrer Entideologisierung den Sinn für das Sinnhafte verloren haben“ (103). Insofern war in der volksparteilichen Orientierung stets der Niedergang strukturell angelegt. Wiesendahl belässt es allerdings nicht bei dieser populären Ausdeutung, sondern schürft tiefer. Auch die bloße Beschreibung der Veränderungen der gesellschaftlichen Milieus ist aus Wiesendahls Sicht eine zu einfache Deutung, denn diese Prozesse währten schon länger und die Volksparteien hätten sich dennoch gut behaupten können. Vielmehr macht er ein Bündel von Faktoren aus. Vor allem der ökonomische Strukturbruch habe dazu geführt, dass die „elementaren wirtschaftlichen Voraussetzungen“ (159) entfallen seien, die die Volksparteien bis dahin zur sozialpolitischen Integration ihrer Wählerschaft nutzen konnten. Weil damit aber Fragen der sozialen Ungleichheit wieder virulent geworden seien und die Parteien die Entwicklung in den 2000er-Jahren sogar noch befördert haben, wirke sich die Vertrauenskrise so fatal aus. Doch trotz des Verlusts an elektoraler Stärke sieht Wiesendahl das Ende der Volksparteien keineswegs für gekommen. Solange sie „Marktführer“ (222) bleiben und selbstverständlich Koalitionsregierungen anführen, sei ihre Zeit noch nicht abgelaufen.
Stephan Klecha (SKL)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Institut für Demokratieforschung der Universität Göttingen.
Rubrizierung: 2.331 Empfohlene Zitierweise: Stephan Klecha, Rezension zu: Elmar Wiesendahl: Volksparteien. Opladen u. a.: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34354-volksparteien_41237, veröffentlicht am 02.08.2012. Buch-Nr.: 41237 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken