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Sebastian Emling

Von "In God We Trust" zu "Yes We Can". Wandel und Neukonzeption des Untersuchungsfeldes Religion und Politik in den USA am Beispiel des Wahlkampfes Barack Obamas

Berlin: Lit 2013 (Interdisziplinäre Studien zu Politik und Religion 2); 512 S.; 499 €; ISBN 978-3-643-11926-1
Religionswiss. Diss. Heidelberg; Begutachtung: I. Prohl, G. Ahn. – Sebastian Emling legt seiner Analyse ein kulturwissenschaftliches Verständnis seines Faches zugrunde, um eine zu enge Sicht auf das Untersuchungsfeld Politik und Religion zu überwinden. Er erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass nur zu oft mit einer religionswissenschaftlichen Herangehensweise selbst auf den Untersuchungsgegenstand normativ eingewirkt werde und – verkürzend zusammengefasst – überhaupt nicht gefragt werde, ob es „die“ Religion überhaupt gebe. Wie umfassend Religion jedenfalls gefasst werden kann, wird mit Blick auf den theoretischen Hauptbezugspunkt der Studie schnell deutlich. Es handelt sich um Robert N. Bellahs Konzept der American Civil Religion, 1967 erstmals in einem Aufsatz vorgestellt. „In God we trust“ mag das bekannteste Statement der politischen Kultur des Landes sein, ihre Zivilreligion verweist aber vor allem auf Amerika selbst und seine Bürger_innen. Emling fragt, ob sich Barack Obama in seinem Präsidentschaftswahlkampf entsprechend dieser politischen Kultur, die über zahlreiche Ikonen verfügt – zu denen auch der Präsident zählt –, als eine Art Messias vorstellte. Nach einer eingehenden Analyse von Wahlkampfreden kommt er allerdings zu einer ganz anderen Erkenntnis: Obama bezog sich praktisch gar nicht auf Gott oder gar eine göttliche Eingebung, wie Politik zu gestalten ist. Der Kandidat positionierte sich mithilfe verschiedener kreativer Kräfte, wie Emling schreibt, als „Brand“, also als Marke. Der zentrale Gedanke, der es den Wählern zu verkaufen galt, war – angesichts einer festgestellten, unter George W. Bush eingetretenen Krise des Landes – die Rückbesinnung auf die Fähigkeiten und die Kraft eines jeden Bürgers und einer jeden Bürgerin, die USA positiv weiterzuentwickeln. Statt als Messias der American Civil Religion trat Obama also als Therapeut der Nation auf. Die Errettung der modernen Seele, schreibt Emling im Rückgriff auf eine Formulierung von Eva Illouz, geschieht bei ihm also nicht (mehr) durch einen eingreifenden Gott, sondern – mit einem „Einsickern therapeutischer Diskurse in die öffentliche politische Arena“ – „durch die Aktualisierung menschlicher Handlungsmacht“ (358) und damit durch den politischen Menschen selbst.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.642.232.22 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Sebastian Emling: Von "In God We Trust" zu "Yes We Can" Berlin: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36330-von-in-god-we-trust-zu-yes-we-can_44340, veröffentlicht am 24.10.2013. Buch-Nr.: 44340 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken