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Klaus-Peter Willsch, mit Christian Raap

Von Rettern und Rebellen. Ein Blick hinter die Kulissen unserer Demokratie

München: FinanzBuch Verlag GmbH 2016; 288 S.; 4. Aufl.; geb., 19,99 €; ISBN 978-3-89879-926-3
2010 habe in Deutschland das Defizit‑Problem Griechenlands noch als „belanglos“ (15) gegolten, schreibt Klaus‑Peter Willsch rückblickend. Damals habe Finanzminister Schäuble auf die „Selbstheilungskräfte Griechenlands“ gehofft und daher eine Beteiligung des Internationalen Währungsfonds mit allen Mitteln verhindert. Das sei „ein großer Fehler“ (16) gewesen, der letztlich tatsächlich Milliarden an Steuergeldern gekostet habe. Willsch sowie der Koautor Christian Raap, sein wissenschaftlicher Mitarbeiter, der auf dem Titel unerwähnt bleibt, betonen, dass der Diplom‑Volkswirt Willsch schon früh und beharrlich vor den Folgen der deutschen Euro‑Rettungspolitik gewarnt habe. Seit 1998 gehört er der CDU‑Fraktion als direkt gewählter Abgeordneter des Deutschen Bundestages an und hat sich einen Ruf als sogenannter Euro‑Rebell erworben, da er mehrfach im Laufe der Eurokrise gegen das Mehrheitsvotum seiner Fraktion stimmte und etwa den Euro‑Rettungsschirm EFSF scharf kritisierte. Das Buch wird durch Thilo Sarrazin eingeleitet, der den Beschluss der Griechenlandhilfen vom Frühjahr 2010 als opportunistischen „eklatante[n] Vertrags‑ und Gesetzesbruch“ (10) verdammt. Dieser Schock habe sein Vertrauen in den Staat erschüttert, sein „Weltbild infiziert“ und ihn beinahe zum „Anarchisten“ (11) werden lassen. Auch Willsch spricht von einem „Tabubruch“ und einem „ökonomischen Irrweg“, der unweigerlich auf eine „Daueralimentierung Griechenlands“ (46) hinauslaufe. Als seine Kritik auch öffentlich laut geworden sei, habe er sich vor Zuschriften kaum retten können. „Für viele CDU‑Mitglieder entwickelte ich mich zu einem Hoffnungsträger.“ (93) Eine Mehrheit der Partei habe letztlich aber still gehalten, auch aufgrund einer „inszenierten und gelenkten Mitgliederbeteiligung“ (95), lautet sein Vorwurf. Später habe ihm dann die Fraktionsführung „einen Maulkorb verpassen“ (130) wollen. Unter der Überschrift „Das Imperium schlägt zurück“ (204) schreibt er über diverse weitere „Intrigen“ (207), „gestreute Fehlinformation[en]“ (205) und andere Maßnahmen, die sich angeblich gegen ihn richteten. Schließlich sei er sogar „aus dem Haushaltsausschuss entfernt“ (208) worden. Eine gewisse Bitterkeit darüber lässt seine Danksagung am Ende erkennen: „Danken muss ich eigentlich auch meiner Fraktionsführung. Ohne den Rausschmiss aus dem Haushaltsausschuss hätte ich schlicht die Zeit nicht gehabt, das Werk zu vollenden.“ (287) Parteiintern sei er 2014 abermals in die Kritik geraten, als er Koalitionsoptionen mit der Alternative für Deutschland („die Lucke gegen meinen Rat gegründet hatte“, 201) ins Gespräch brachte.
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Rubrizierung: 3.52.612.321 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Klaus-Peter Willsch, mit Christian Raap: Von Rettern und Rebellen. München: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/40153-von-rettern-und-rebellen_47681, veröffentlicht am 10.11.2016. Buch-Nr.: 47681 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken