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Arthur Koestler

Von weißen Nächten und roten Tagen. Zwölf Reportagen aus der Sowjetunion

Wien: Promedia 2013 (Edition Reportagen); 175 S.; brosch., 17,90 €; ISBN 978-3-85371-356-3
Mit „Sonnenfinsternis“, 1940 erstmals in London erschienen, brach Arthur Koestler mit dem Kommunismus. Wie weit der Weg zu diesem Roman gewesen sein muss, verrät das Reportage‑Buch „Von weißen Nächten und roten Tagen“, das laut editorischer Notiz erstmals 1934 im Staatsverlag der deutschen Minderheiten der UdSSR in Charkow erschien. Sein erster Teil ist ein witzig geschriebenes Kleinod über die als wissenschaftliche Expedition angekündigte Reise mit einem deutschen Luftschiff über die Sowjetunion im Sommer 1931, als (unerreichtes) Ziel war der Nordpol angekündigt worden. Der in Budapest geborene Koestler reiste als Reporter für den Ullstein Verlag, der das Ereignis publizistisch vermarktete, mit. Die Reise muss ein Medienereignis gewesen, die wissenschaftliche Erkenntnis dürfte eher gering ausgefallen sein. Im Herbst 1932 bereiste Koestler die Sowjetunion noch einmal auf dem Landweg. Seine Ziele lagen in den südlichen Teilrepubliken und seine Beschreibungen im zweiten Teil des Bandes beginnen mit einer bemerkenswerten Verkopplung des Genozids an den Armeniern durch das Osmanische Reich (und unter Hilfestellung des Zarenreiches) mit der Revolutionsbegeisterung der Überlebenden. Koestler sieht diese als logische Konsequenz der grauenhaften Erfahrungen. Herausgestellt werden dann vor allem die positiven Facetten der Revolution wie die Besserstellung der Frauen oder die Modernisierung der Städte; Hunger und Unterdrückung registriert Koestler nicht. Je weiter man ihn lesend auf seiner Reise begleitet, desto deutlicher wird aber auch, wie unvermittelt die alten orientalischen Kulturen und das moderne Gesellschaftssystem der Kommunisten aufeinandergestoßen sind. Vor allem die Schilderungen der einstigen Lebensumstände unter der Regentschaft des Emirs von Buchara geben eine eindrucksvolle Kontrastfolie zu dem gewaltigen Modernisierungsanspruch ab, mit dem die Kommunisten angetreten sind. „Das Gewesene ist nicht mehr; und die Träume sind nicht mehr die, die Asien tausendundeine Nacht umlullten. […] Sesam schließe dich. Und lasset die Träumer Ihre Träume begraben.“ (168 f.)
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.12.62 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Arthur Koestler: Von weißen Nächten und roten Tagen. Wien: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/257-von-weissen-naechten-und-roten-tagen_43868, veröffentlicht am 08.05.2013. Buch-Nr.: 43868 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken