
Was ist Demokratie? Geschichte und Gegenwart
Paul Nolte hat ein faszinierendes und lehrreiches Buch über die Geschichte der Demokratie geschrieben, das geschichtswissenschaftliches Wissen mit sozialwissenschaftlicher Kompetenz verbindet – und sogar noch gut lesbar geschrieben ist. Der Historiker verbindet dabei die Darstellung der Entwicklungen von Demokratien von der Antike bis in die Gegenwart mit der Bezugnahme auf zentrale Aspekte der theoretischen Debatten in und um Demokratien. Der geografische Schwerpunkt liegt dabei auf Amerika und Europa, was logischerweise mit der Sache selbst zu tun hat. Besonders positiv fällt auf, dass Nolte wichtige sozialwissenschaftliche Debatten um Demokratie der jüngeren Zeit mit in seine Darstellung einfließen lässt, wie etwa die Diskussion um die Postdemokratie-These oder die kontroversen Auseinandersetzungen mit den utopischen Konzepten der deliberativen Demokratie. Kleine politikwissenschaftliche Mängel sieht man Nolte aufgrund der beachtlichen Gesamtleistung dabei gerne nach: wie etwa die etwas voreilige Deutung des sogenannten arabischen Frühlings als Demokratiebewegung (die Revolten scheinen ja mehrheitlich Autokratien in islamistisch-totalitäre Regime zu verwandeln) oder die positive Evaluation von Occupy- oder Stuttgart21-Protestlern, deren scheinbar basisdemokratisches Potenzial mit mindestens der gleichen Berechtigung auch als autoritäre Rebellion gegen demokratische Mehrheitsentscheidungen interpretiert werden kann.