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Willi Baer / Karl-Heinz Dellwo (Hrsg.)

Weather Underground. Stadtguerilla in den USA

Hamburg: LAIKA Verlag 2010 (Bibliothek des Widerstands 6); 192 S.; 26,90 €; ISBN 978-3-942281-75-1
„Ich bin, was die 1960er Jahre angeht, nicht nostalgisch. Sie sind heute vollständig zur Ware geworden und werden uns als Mythen und Symbole verkauft“ (143), sagt Bill Ayers im Interview – dieser Feststellung kann sich auch dieser Band nicht entziehen, der durchaus als Hagiografie des linksextremen Weather Underground zu lesen ist. Ayers war einer der herausragenden Protagonisten dieser straff organisierten Stadtguerilla, die, so erläutert Baer im Vorwort, aus einer studentischen Protest- und Widerstandsbewegung entstanden war. Unterstützt werden sollten – vor allem unter dem Eindruck des Vietnamkrieges – die Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt, gezielt wurde „auf militante Konfrontation mit dem Gesellschaftssystem der USA“ (10). Alle Anschläge richteten sich ausschließlich gegen Sachen, die einzigen durch sie verschuldeten Toten waren drei ihrer Mitglieder, die bei einer vorzeitigen Bombenexplosion starben. Dan Berger ordnet diese Guerilla in die US-amerikanischen Befreiungsbewegungen ein und verweist auf das lange andauernde Unvermögen des Staates, mit (friedlichem) Protest nach demokratischen Regeln umzugehen. Betont wird, dass diese Gruppe, die sieben Jahre lang bestand, nicht isoliert gewesen und nicht isoliert zu betrachten sei – zur damaligen Zeit „agierten eine Menge Leute und Gruppen im Untergrund“ (113). In dem Überblick über die Mitglieder des Weather Underground wird die Zahl von 40.934 Anschlägen genannt, die zwischen Januar 1969 und Mitte April 1970 in den USA im „Zusammenhang mit dem Protest gegen den Vietnamkrieg und die Rassendiskriminierung“ verübt worden seien. „Eine Gruppe allein hätte dies niemals schaffen können.“ (165) Gesellschaftliche Veränderungen versteht Bill Ayers, so ist dem Interview zu entnehmen, mittlerweile altersmilde als Prozess, die damaligen Aktionen und Anschläge der Stadtguerilla seien „weder brilliant noch ekstatisch“ gewesen. Aber die Hoffnung stirbt wie immer zuletzt: „Was immer es war, es bleibt ein Vorspiel zu den notwendigen Veränderungen und dem fundamentalen Aufruhr, der direkt vor uns liegt. Lasst uns jetzt anfangen zu leben, zu lieben und uns einhaken.“ (143) Dem Buch beigefügt ist, entsprechend der Konzeption der Reihe, eine DVD, zu sehen sind die Filmdokumentationen „The Weather Underground“ von 2002 und „Underground“ von 1976.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.642.222.25 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Willi Baer / Karl-Heinz Dellwo (Hrsg.): Weather Underground. Hamburg: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34932-weather-underground_42006, veröffentlicht am 09.08.2012. Buch-Nr.: 42006 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken