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Henry Kissinger

Weltordnung. Aus dem Amerikanischen von Karlheinz Dürr und Enrico Heinemann

München: C. Bertelsmann 2014; 478 S.; 24,99 €; ISBN 978-3-570-10249-7
„Unser Zeitalter sucht beharrlich, und manchmal geradezu verzweifelt, nach dem Konzept einer Weltordnung.“ (10) Was also wäre eine konsensfähige Zielvorstellung eines vernünftigen, menschendienlichen Weltregierens ohne Weltregierung? Antworten setzen eine doppelte historisch‑politische Grundlage voraus: Erfahrung und Bewusstsein. Über beides verfügt Henry Kissinger in reichem Maß – durch sein Lebensalter (geboren ist er 1924) und seine Tätigkeit als Politikwissenschaftler, Berater der US‑amerikanischen Präsidenten seit Kennedy und Außenminister in schwierigen Zeiten. Entsprechend fließen in sein Alterswerk eine Ära und ein Blick auf die globalen Handlungsräume unter Einbezug der Kräfte aus Amerika, China, Indien, Europa, Russland und Iran zusammen. Gerichtet ist dieser Blick auf die internationalen Beziehungen seit der ersten großen Antwort auf die Weltordnungsfrage 1648 in Münster und Osnabrück mit der „pragmatischen Anpassung an die Realität“ (11) in der Trias von staatlicher Souveränität, Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten sowie Unverletzlichkeit der Grenzen. Weltweit durchgesetzt haben sich die Ordnungsmuster jedoch bis heute nicht. Noch immer sind deshalb Legitimität und Machtbalance Zielkategorien, so die Feststellung des Autors, ohne die es keine stabile Weltordnung gibt. Anders ausgedrückt: Idealismus und Realismus sind zwei Seiten derselben Medaille. Ihr Verhältnis zueinander ist bei politischen Entscheidungen die Denkfolie. Hierin liegt für Kissinger der Kompass ganz allgemein und für die USA in besonderer Weise, denn „um die Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen, ist auf philosophischer wie geopolitischer Ebene eine angemessene Führungsrolle Amerikas unverzichtbar“ (424). So liest sich das Buch als Globalgeschichtsschreibung mit den USA als Zentrum. Von diesem Zentrum strahlt die große Leitlinie aus. „Um zu einer echten Weltordnung zu gelangen, müssen deren Teilnehmer, während sie eigene Werte beibehalten, sich eine zweite Kultur aneignen, die globaler, struktureller und juristischer Art ist: ein Ordnungskonzept, das über die Perspektiven und Ideale der einzelnen Regionen und Nationen hinausweist.“ (424) Die Zusammenführung von Idealismus und Realismus bleibt deshalb weiter das zentrale Weltordnungs‑Thema.
{KK}
Rubrizierung: 4.12.22.612.632.642.684.2 Empfohlene Zitierweise: Klaus Kremb, Rezension zu: Henry Kissinger: Weltordnung. München: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38078-weltordnung_46525, veröffentlicht am 12.02.2015. Buch-Nr.: 46525 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken