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Rita Süssmuth

Wer nicht kämpft, hat schon verloren. Meine Erfahrungen in der Politik

München: Econ 2000; 286 S.; 2. Aufl.; geb., 20,40 €; ISBN 3-430-18905-5
Der Untertitel dieses Bandes, dessen erste Auflage laut Verlag ebenfalls 2000 erschienen ist, könnte in die Irre führen: Süssmuths politischer Werdegang und ihre tatsächlichen Erlebnisse bilden hier nur den anekdotenhaft eingestreuten, auch nicht immer chronologisch geordneten Rahmen für längere persönliche politische Stellungnahmen zu Themen wie Frauen- und Familienpolitik, AIDS, Kernkraft, Geschichte des Nationalsozialismus und ihrer Aufarbeitung, Kunst und Politik, programmatische Vergangenheit und Zukunft der CDU, Debatten im Bundestag etc. Vorgetragen wird das Ganze so, wie man es von den Festreden Süssmuths gewohnt ist. Der mitunter naiv wirkende Duktus und die oft ebenso freundlichen wie unverbindlichen Aussagen verlangen vom Leser viel Geduld und ein ausgesprochenes Interesse an den bevorzugten politischen Themen der Autorin. Zweiter, mit dem ersten eng verknüpfter inhaltlicher Schwerpunkt des Bandes sind Süssmuths Rechtfertigungen eigenen Verhaltens (Beispiele: Aufgabe ihres Instituts zugunsten der politischen Karriere, Haacke-Aktion am Reichstag, angebliche "Dienstwagen"- und "Flugaffären", Stellungnahmen zur Frauenpolitik etc.) gegenüber ihren zahlreichen politischen Gegnern, welche die Autorin anscheinend ganz überwiegend in den Reihen ihrer eigenen Partei sieht - explizit wird das aber nicht ausgesprochen. Wer sich angesichts der Erfahrungen Süssmuths als einer herausragenden Politikerin der Ära Kohl neue oder gar interessante Insider-Einblicke in die politische Praxis der Bundesrepublik erhofft, den wird dieser Band sehr enttäuschen. Auch über Helmut Kohl, der ebenso distanziert wie in seinen Leistungen und Fehlleistungen ausgewogen beschrieben wird, schreibt Süssmuth nichts Neues. Aus politikwissenschaftlicher Perspektive bietet das Buch eine eindrucksvolle Illustration dafür, welche programmatische Bandbreite eine moderne Volkspartei unter einem Dach vereinen muss und kann. Inhalt: 1. Vom Geist unter der Kuppel: Kunst und Politik. Umstrittene Projekte: Hans Haackes "Der Bevölkerung". Christos "Reichstagsverhüllung". Symbole für ein offenes, demokratisches Deutschland; 2. Lust auf Neuland: Die Entscheidung: Aus der Forschung in die Politik. Ein Sprung ins kalte Wasser und seine ersten Folgen; 3. Von November zu November: Das verdichtete Jahr Ende 1989 bis Ende 1990. Von der Ministerin zur Parlamentspräsidentin. Ein folgenschwerer Parteitag. Das Wunder der Wende: Die friedliche Revolution; 4. Turbulenzen und Tabus: Tschernobyl und Aids. Frau und Familie: Emanzipation als soziale Sprengkraft. Wie reagieren Politiker bei großen Katastrophen und tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen?; 5. CDU: Politische Heimat - Politische Fremde: Modernisieren oder stagnieren? Widerstände in den eigenen Reihen: Frauen, Macht und Partnerschaft; 6. Das Phänomen Kohl: Politische Verantwortung in 16 Jahren Regierung: Anmerkungen zu Machtverständnis und Machtausübung; 7. Der Bundestag: Mitte der Gesellschaft: Ansehensverlust des Parlaments. Innere statt äußere Reform. Das Parlament stärken. Ein gelungenes Beispiel: Die Debatte um die Wehrmachtsausstellung; 8. Wie geht es weiter? Ein Stück Zukunft: Bürgergesellschaft: Bewegen und Beteiligen. Rechte und Pflichten. Zukunft schaffen durch Bildung und Arbeit. Migration und Integration.
Andreas Beckmann (AB)
M. A., Doktorand, Institut für Sozialwissenschaften, Bereich Politikwissenschaft, Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.3 | 2.36 | 2.331 | 2.321 Empfohlene Zitierweise: Andreas Beckmann, Rezension zu: Rita Süssmuth: Wer nicht kämpft, hat schon verloren. München: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/13172-wer-nicht-kaempft-hat-schon-verloren_15782, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 15782 Rezension drucken