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Sebastian Schiek

Widersprüchliche Staatsbildung – Kasachstans konservative Modernisierung

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014 (Demokratie, Sicherheit, Frieden 212); 301 S.; brosch., 54,- €; ISBN 978-3-8487-0765-2
Diss. Hamburg; Begutachtung: M. Brzoska, K. Schlichte. – „Können patrimoniale Machtmonopolisierung und ökonomische Modernisierung simultan ablaufen?“ (259) Trotz ihrer widersprüchlichen Logiken beobachtet Sebastian Schiek beide Prozesse in Kasachstan. Einerseits seien Besucher beeindruckt von der „neugebauten glitzernden Hauptstadt Astana und der dynamischen Großstadt Almaty mit den massiven Glastürmen ihres Finanzzentrums“ (11). Kasachstan weise nicht nur ein hohes Wirtschaftswachstum auf, sondern sei erfolgreich bei der Armutsbekämpfung und habe seine Ausgaben für Bildung und Gesundheit kontinuierlich gesteigert. Zu den zentralen Elementen einer Wirtschaftsreform zählten die Industrialisierung und wirtschaftliche Diversifizierung, um vom Ressourcenexport unabhängiger zu werden. Andererseits stehe Kasachstan für die autoritäre Herrschaft des Präsidenten Nursultan Nasarbajew und seiner Familie, die alle Bereiche des Staates und der Wirtschaft kontrolliere. Korruption, Klientelismus und die Bildung eines Machtmonopols seien hier die Phänomene, die mit dem Begriff des Patrimonialismus verbunden seien. Schiek sieht in den gleichzeitigen Prozessen der Patrimonialisierung, die gemeinhin für ein konservatives System stehe, und der Modernisierung einen Widerspruch. Denn Letztere bedeute zugleich eine institutionelle Öffnung, die mit einer Aufgabe von Kontrolle korreliere. Den Schlüssel zur Erklärung dieses Widerspruchs sieht der Autor in der konservativen Modernisierung Kasachstans, also der Anwendung von Praktiken, die die „Gleichzeitigkeit von starkem Reformimpetus und monopolistischem Machterhalt“ (219) offenbarten. Die konservative Modernisierung werde seit den 2000er‑Jahren realisiert. Zuvor sei „eine Strategie der politischen Modernisierung und wirtschaftlichen Dezentralisierung“ (265) verfolgt worden. Die Erfolgsaussichten der Strategie der konservativen Modernisierung bewertet der Autor eher negativ, denn die Struktureigenschaften des patrimonial‑bürokratischen Staates behinderten eine vollständige Modernisierung. „Strukturelle Hindernisse sind die mangelnde Herausbildung einer industriellen Akteursklasse außerhalb des Staates mit einem ökonomischen Interesse an der Industrialisierung [...] und die Korruption innerhalb des Staates“ (259).
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Rubrizierung: 2.682.21 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Sebastian Schiek: Widersprüchliche Staatsbildung – Kasachstans konservative Modernisierung Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38939-widerspruechliche-staatsbildung--kasachstans-konservative-modernisierung_45597, veröffentlicht am 08.10.2015. Buch-Nr.: 45597 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken