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Elina Marmer / Papa Sow (Hrsg.)

Wie Rassismus aus Schulbüchern spricht. Kritische Auseinandersetzung mit "Afrika"-Bildern und Schwarz-Weiß-Konstruktionen in der Schule – Ursachen, Auswirkungen und Handlungsansätze für die pädagogische Praxis

Weinheim/Basel: Beltz Juventa 2015; 284 S.; 34,95 €; ISBN 978-3-7799-3323-6
„In der Pause aus Langeweile im Geografiebuch blättern – wer kennt das nicht?“ (110) Schulbücher mit ihren bunten Seiten wirkten aufmerksamkeitsstark auf Schüler, erklären die Herausgeber. Da sie deshalb sehr relevant für die Entwicklung der Weltbilder junger Menschen seien, analysieren Elina Marmer und Papa Sow Schulbücher und ähnliche Lehrmittel aus einer rassismuskritischen Perspektive. Ihnen geht es darum aufzuzeigen, welche Afrikabilder oder (sprachliche) Konstruktionen von Menschen verschiedener Hautfarbe in diesen Medien (implizit) vermittelt werden. Einleitend weisen die Autoren auf begriffliche Besonderheiten ihrer Arbeit hin. Das Adjektiv schwarz schreiben sie groß, weil es für sie „ein emanzipatorischer und politischer Begriff“ (7) ist. Dagegen bezeichnen sie mit dem bewusst kleingeschriebenen Wort weiß eine „durch Rassismus privilegierte Gruppe“ (7) von Menschen. Ein rassistisches Afrikabild reproduziere koloniale Konstrukte, in denen schwarze Menschen „die Rolle des Opfers oder Außenseiters“ spielten und „als Antithese von ‚Europa‘ und weißen Menschen konstruiert“ würden. Diese Konstrukte seien als „Legitimation für Maafa, den afrikanischen Holocaust“ (8) entstanden. Diese Bezeichnung ist im Zusammenhang mit der die NS‑Judenvernichtung betreffende Singularitätsthese um den Begriff Holocaust nicht unumstritten. Für die Herausgeber bezeichnet er aber „koloniale Verbrechen gegen die Menschheit“ wie die „Versklavung und Verschleppung von Zig Millionen von Afrikaner_innen, […] Kriege, Folter, Völkermord“. In Schulbüchern würden diese Verbrechen immer nur aus europäischer Perspektive beschrieben. Der geschichtliche Zusammenhang zwischen Europas Industrialisierung und der Ausbeutung anderer Kontinente werde „vollständig verschwiegen“ (117). In einem Gesellschaftskundebuch von 2006 fanden Marmer und Sow die Bildunterschrift „‚N****sklaven bei der Baumwollernte‘“ ([sic!] 112). Dieser Ausdruck sei von den Schülern scharf kritisiert worden, den befragten Lehrern sei er dagegen nicht aufgefallen. Catrin Ehlen beschreibt eine Abwehrhaltung „weißer Mehrheitsangehöriger“ (148), die Rassismus nicht als gesellschaftlich strukturelles Problem identifizierten. Schwarze Menschen erfahren diesen Rassismus aber alltäglich, aufgrund eines verkürzten Rassismusverständnisses würden diese Erfahrungen „nicht anerkannt“ (149) oder „dethematisiert“ (157). Auch befragte Lehrer vertreten Ehlens Meinung nach teils ein „monokulturelles weißes Normalitäts‑ und Selbstverständnis“ (156), etwa wenn sie sprachlich „Andersfarbige“ und „deutsche Kinder“ (156) unterschieden.
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Rubrizierung: 2.35 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Elina Marmer / Papa Sow (Hrsg.): Wie Rassismus aus Schulbüchern spricht. Weinheim/Basel: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/40082-wie-rassismus-aus-schulbuechern-spricht_47827, veröffentlicht am 22.09.2016. Buch-Nr.: 47827 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken