Habilitationsschrift Bochum. - Rudolph zeichnet die Rolle der deutschen Großindustrie und ihren Einfluss auf die westdeutsche Ostpolitik während des Ost-West-Konflikts nach. Sein Interesse gilt weniger wirtschaftlichen Aspekten. Im Mittelpunkt steht vielmehr „das diplomatische Engagement der im Ostgeschäft tätigen westdeutschen Großindustrie, die sich seit 1952 im Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft sammelte und deren Ostpolitik die neue Ostpolitik der Ära Brandt gleichsam vorwegnahm" (8). Der Autor geht chronologisch vor und zeigt, wie geschickt die Großindustrie die zeitweise engen politischen Spielräume nutzte. Zwar verhinderten die Westbindung und die Ausdehnung der sowjetischen Einflusssphäre ein nahtloses Anknüpfen an die engen wirtschaftlichen Beziehungen vor dem Krieg. Gleichwohl sei der Wirtschaft eine besondere Rolle im Systemkonflikt zugewachsen: „Im Ost-West-Konflikt schienen zwei Welten zu existieren - die militärisch-politisch-territoriale Welt und die Handelswelt." (343) Einerseits waren wichtige Zusammenschlüsse wie der Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft Interessenvertreter. Andererseits bereiteten sie durch die Verfolgung dieser Interessen auch der Politik den Boden, indem sie „ein Mindestmaß an Normalität in den Ost-West-Beziehungen aufrechterhalten" konnten (346). Dies galt insbesondere in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Die Wirtschaft habe eine Rolle als Vorbereiter der Entspannungspolitik gespielt, aber als diese tatsächlich einsetzte, seien ihr die Entspannungsmaßnahmen nicht weit genug gegangen. Der Ost-West-Handel habe stagniert und sei langsam in die Krise geraten. Gegen Ende des Ost-West-Konflikts habe die Wirtschaft bereits ihre ostpolitische Rolle verloren: „Die demokratische Revolution in Osteuropa 1989/90 war die Stunde der Politik, die Wirtschaft kam später." (355)