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August Pradetto

Zentralasien und die Weltmächte, oder: Great Game Boys auf Reisen

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2012 (Strategische Kultur Europas 9); 171 S.; EUR 29,80 €; ISBN 978-3-631-62201-8
Zentralasien – hierunter fasst Pradetto Kasachstan, Usbekistan, Tadschikistan, Kirgistan und Turkmenistan – hat im Bewusstsein vieler westlicher Länder und dadurch auch im Hinblick auf Einfluss- und Gebietsansprüche lange Zeit keine herausragende Rolle gespielt. Erst um 1900 setzte bei der Großmacht England, aber auch in Frankreich und Deutschland eine „geopolitisierte“ Wahrnehmung Zentralasiens ein. Auch das zur damaligen Zeit starke Russland drang in die zentralasiatische Region vor und verfolgte dabei vor allem eine zivilisatorische Vision. Das Ringen Russlands und Großbritanniens um die Vorherrschaft in Zentralasien wurde als Great Game bezeichnet. In Anlehnung an diesen Begriff untersucht Pradetto die postbipolare Entwicklung der Beziehungen zwischen Zentralasien und den Großmächten. Insbesondere fragt er, „wie sich die Beziehungen der fünf zentralasiatischen Staaten zu den Großmächten Russland, China, USA und EU in den Bereichen Sicherheits- und Ordnungspolitik sowie Ökonomie seit dem Zerfall der UdSSR entwickelt haben und wie sie sich charakterisieren lassen“ (25). Pradetto konzentriert sich aus zwei Gründen auf die Sicherheits-, Ordnungs- und Wirtschaftspolitik: Erstens geht er davon aus, dass die beiden erstgenannten Politikfelder mit den politisch-gesellschaftlichen Systemen der fünf zentralasiatischen Staaten insgesamt eng verzahnt sind und diese Dependenzen auch von allen beteiligten Akteuren als solche verstanden werden. Zweitens sind Wirtschaftsbeziehungen schon immer ein zentraler Faktor für außenpolitische Entscheidungen gewesen – mit Blick auf die ökonomischen Herausforderungen durch die Entwicklungen der vergangenen Jahre gilt dies umso mehr. Pradetto arbeitet überzeugend heraus, dass es weder den USA noch der EU möglich ist, wesentlichen Einfluss auf die zentralasiatischen Staaten auszuüben, von einem neuen Great Game kann also keine Rede sein. Vielmehr strebt die EU ein partnerschaftlich-kooperatives Verhältnis an, das keine machtpolitischen Ambitionen aufweist. Auch Russland verliere im postsowjetischen Zentralasien zunehmend an Bedeutung. Diese Einschätzung gewinnt Pradetto u. a. aus dem isolierten Status Russlands nach dem Georgienkrieg 2008.
Ines Weber (IW)
M. A., Politikwissenschaftlerin (Kommunikationswissenschaftlerin, Psychologin), wiss. Mitarbeiterin, Institut für Sozialwissenschaften, Christian-Albrechts-Universität Kiel.
Rubrizierung: 4.5 | 4.22 | 2.62 | 2.64 | 2.68 | 3.6 | 4.43 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: August Pradetto: Zentralasien und die Weltmächte, oder: Great Game Boys auf Reisen Frankfurt a. M. u. a.: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35320-zentralasien-und-die-weltmaechte-oder-great-game-boys-auf-reisen_42540, veröffentlicht am 27.09.2012. Buch-Nr.: 42540 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken