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Sue Donaldson / Will Kymlicka

Zoopolis. Eine politische Theorie der Tierrechte. Aus dem Englischen von Joachim Schulte

Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2013; 608 S.; 36,- €; ISBN 978-3-518-58600-6
Dass Fragen mit Blick auf die Beziehung zwischen Mensch und Tier nicht mehr nur privater Natur sind, sondern öffentliche Diskussionen evozieren, ist spätestens mit der Debatte um den sogenannten Veggie‑Day offenkundig geworden. Zugleich hat dieser Vorfall gezeigt, dass es sich hierbei um ein vermintes Gelände handelt. Das gilt ebenfalls für die Monografie von Sue Donaldson und Will Kymlicka. Das beginnt schon damit, dass das Verhältnis zwischen Mensch und Tier als ein „ewiges Treblinka“ (10) bezeichnet wird. Obgleich sich beide Autoren der Problematik solcher polemischen und Aufmerksamkeit erheischenden Zuspitzungen bewusst sind, wie die dazugehörige Fußnote beweist, wird der absurde Vergleich nicht etwa vermieden. Der nicht offen ausgesprochene Vorwurf lautet: Jeder Fleischesser beteiligt sich am Holocaust an der Tierwelt. Falls man sich hierdurch nicht abschrecken lässt, stellt sich irgendwann die Frage, wie denn nun eine politische Begründung von Tierrechten aussehen könnte. Leider wird der Leser diesbezüglich enttäuscht, denn um eine politische Theorie der Tierrechte handelt es sich gerade nicht, höchstens um eine Philosophie der Menschenrechte, die auf die Tierwelt ausgedehnt wird, wobei deren Begründung nicht gerade umfangreich ausfällt. Kurzum: Weil Tiere empfindungsfähige Wesen mit subjektiver Welterfahrung sind, müssen sie in den Genuss unumstößlicher Menschenrechte kommen. Eine politische Theorie derartiger Rechte sähe anders aus, würde sie doch nach dem politischen Geltungsgrund und der Funktion solcher Rechte für deren Inhaber fragen. Die darauffolgende Theorie staatsbürgerlicher Rechte versucht daher den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen, indem sie nicht nur negative Rechte, sondern auch positive Pflichten gegenüber Tieren anmahnt. Wer gleichwohl am Unterschied zwischen Mensch und Tier festhält, wird kurzerhand mit dem Vorwurf konfrontiert, auch „menschlichen Fremdgruppen […] die Menschlichkeit“ (73) abzusprechen, also rassistische Stereotype zu reproduzieren. Die Möglichkeit zum wissenschaftlichen Dialog wird hierdurch vorzeitig zerschlagen.
Patrick Stellbrink (PS)
M. A., Politikwissenschaftler, Promovend an der TU Chemnitz.
Rubrizierung: 5.41 | 5.42 Empfohlene Zitierweise: Patrick Stellbrink, Rezension zu: Sue Donaldson / Will Kymlicka: Zoopolis. Frankfurt a. M.: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36700-zoopolis_44756, veröffentlicht am 06.02.2014. Buch-Nr.: 44756 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken