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Tamina Christ / Angelika Gellrich / Tobias Ide (Hrsg.)

Zugänge zur Klimadebatte in Politikwissenschaft, Soziologie und Psychologie

Marburg: Metropolis-Verlag 2012 (Beiträge zur sozialwissenschaftlichen Nachhaltigkeitsforschung 4); 400 S.; 38,- €; ISBN 978-3-89518-940-1
Der Band versammelt Beiträge, die sich jenseits naturwissenschaftlich‑technischer Aspekte mit Fragen der Herbeiführung und Bemessung nachhaltiger Gesellschaften befassen. Während damit in wissenschaftspolitischer Hinsicht die mehr als berechtigte Forderung verbunden ist, dass nicht die Naturwissenschaften alleine mit dem Etikett der „Nachhaltigkeitswissenschaft“ (9) versehen werden dürfen, verfolgen die Herausgeber mit der Präsentation ihrer Beiträge drei konkrete Ziele. Zum einen versuchen sie anstelle der Ursachen des Klimawandels seine gesellschaftlichen Auswirkungen – sowohl auf Makro‑ wie auch auf Mikroebene – in den Blick zu nehmen. Zum anderen ist es ihnen ein Anliegen, die Klimasozialforschung allgemeinverständlich darzustellen, sodass der Band auch für ein breites, außeruniversitäres Publikum zugänglich wird. Und schließlich wollen sie die Bandbreite der vertretenen Fachperspektiven über die bislang schon dominanten rechts‑ und wirtschaftswissenschaftlichen Ansätze hinaus auf die drei im Titel genannten Disziplinen ausweiten. Wie gut das gelingen kann, wird etwa anhand des Beitrages von Wiebke Lass deutlich. Lass geht der Frage nach, inwieweit monetäre, auf Kosten‑Nutzen‑Ansätzen basierende Projektionen künftiger Kosten des Klimawandels überhaupt einen adäquaten Entscheidungshintergrund für in diesem Zusammenhang einschlägige, allgemein verbindliche Entscheidungen abgeben: „Als ‚rational’ gilt meist nur, was sich auch wirtschaftlich ‚rechnet’.“ (145) Zieht man jedoch in Betracht, dass sich etwaige künftige Klimakatastrophen auch jenseits gegenwärtig kalkulierbarer Modelle bewegen können, dann wird die im Grunde genommen nicht vorhandene Aussagekraft des Kosten‑Nutzen‑Ansatzes deutlich, der nur dann belastbare Aussagen generiert, wenn eine Eskalation in der Klimaentwicklung ausbleibt. Zudem scheint aus dieser Perspektive immer die Vorstellung einer Welt mit durch, die dann optimal – im betriebswirtschaftlichen Sinne – verläuft, wenn keine vermeintlich zusätzlichen Kosten für klimapolitische Maßnahmen entstehen. So perpetuiert sich, wie Lass zutreffend argumentiert, die Hegemonie der Skeptiker des Klimawandels beständig selbst, wohingegen Klimapolitik nicht nur in ihren einzelnen Maßnahmen, sondern in ihrer Zweckmäßigkeit überhaupt infrage gestellt bleibt.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.2 | 2.22 | 4.41 | 4.42 | 4.45 | 2.35 | 2.341 | 2.261 | 2.63 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Tamina Christ / Angelika Gellrich / Tobias Ide (Hrsg.): Zugänge zur Klimadebatte in Politikwissenschaft, Soziologie und Psychologie Marburg: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35739-zugaenge-zur-klimadebatte-in-politikwissenschaft-soziologie-und-psychologie_43306, veröffentlicht am 14.03.2013. Buch-Nr.: 43306 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken