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Jon Herbert / Trevor McCrisken / Andrew Wroe: The Ordinary Presidency of Donald J. Trump

21.06.2019
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Autorenprofil
Vincent Wolff, M.P.P.
Basingstoke, Palgrave Macmillan 2019

Die gewöhnliche Präsidentschaft Donald J. Trumps. Aber ein außergewöhnlicher US-Präsident

„This book does not claim that Trump is an ordinary president, but rather that his presidency is ordinary” (3, Hervorhebungen im Original), so charakterisieren Jon Herbert, Trevor McCrisken und Andrew Wroe die gegenwärtige Präsidentschaft von Donald Trump. Den drei britischen Akademikern ist dabei von Anfang an klar, dass es wenige objektive Bewertungen der politischen Unterfangen des 45. US-Präsidenten gibt. Entweder werde Trump als Genie oder aber als Wahnsinniger beschrieben – in jedem Fall aber sei seine Präsidentschaft außergewöhnlich. Dem widersprechen die Verfasser.

Somit unternehmen sie den Versuch, Donald Trumps Handeln im Hinblick auf seine Politik einzuordnen und untersuchen dabei verschiedene Politikbereiche, von der Steuer- über die Außenpolitik und große Politikvorhaben. Vor allem hinsichtlich der legislativen Unterfangen stehe nach einer eingehenden Analyse fest: Trump habe in den Politikfeldern nicht viel erreicht, was aufgrund der Beschränkungen des Amtes und der gestiegenen Komplexität der Aufgaben allerdings nicht ungewöhnlich sei. Bei Trumps unmittelbaren Amtsvorgängern sei es auch nicht anders gewesen. Seit der Watergate-Affäre sei es enorm schwer für US-Präsidenten, erhebliche Veränderungen durchzusetzen. Die wenigen legislativen Erfolge, die Trump vorzuweisen habe, seien zudem klassisch republikanische Positionen. Somit gehe sein Erfolg auf die wenigen Male zurück, bei denen er auf Linie der ‚Grand Old Party‘, der Republikanischen Partei, gewesen sei. In allen anderen Fällen würde die eigene Partei seine Vorhaben beschädigen. Dies untergrabe zusehends Trumps Image als Outsider, der in Washington aufräumen werde.

Zudem seien zahlreiche Schwächen und Misserfolge auf die Person des Präsidenten selbst zurückzuführen. Erfolgreichen US-Präsidenten sei es in der Vergangenheit oftmals gelungen, die Partei und wichtige Veto-Player zu überzeugen, an einem Strang zu ziehen. Nur so seien größere legislative Vorhaben möglich. An dieser Fähigkeit mangele es Trump. Seine eigenen persönlichen Schwächen verhinderten eine effektive und erfolgreiche Führung. Was möglicherweise in Geschäftsumfeldern funktioniert habe, sei in der Politik fehl am Platz oder sogar kontraproduktiv. Die geringe Anzahl an greifbaren Erfolgen sei somit darauf zurückzuführen, dass „Trump nicht besonders gut darin [ist], Präsident zu sein“ (10, Übersetzung aus dem Englischen).

Es ist den Autoren hoch anzurechnen, dass sie mit Allgemeinplätzen aufräumen, die sich seit Langem durch die Debatte über die Wahlen von 2016 ziehen. So stellen die drei Verfasser klar, dass es keine Belege dafür gebe, dass sogenannte Abgehängte der Gesellschaft in großen Scharen zu den Republikanern übergelaufen seien. Dies sei ein ohnehin langfristiger Trend und Trumps Wahl ändere daran nichts. Zudem sei die Wahl relativ typisch gewesen und habe sich größtenteils entlang der Parteilinien orientiert. Größere Verschiebungen aus soziodemografischer Sicht seien nicht zu beobachten. Darüber hinaus seien Trumps Wähler*innen im Querschnitt weniger rassistisch als vergleichsweise die Personen, die für Mitt Romney gestimmt haben. Dies widerlege, so die Autoren, die weit verbreitete These, Rassismus habe Trump an die Macht gebracht. Dafür gebe es keine wissenschaftliche Grundlage. Außerdem seien keine traditionellen Republikaner zu den Demokraten übergelaufen oder andersherum – zumindest nicht in großen Zahlen. Auch dies sei eine öffentliche Annahme, die sich aus der Tatsache speist, dass sich medial kolportierte Konservative gegen Trump gestellt hätten. Dies sei allerdings ein Randphänomen und nicht für die Republikanische Partei in der Breite repräsentativ.

Trumps legislative Erfolge seien überschaubar. Die Niederlage bei dem Versuch, Obamacare zurückzuholen, sei ein zutiefst peinliches Erlebnis gewesen. Den einzigen messbaren Erfolg könne Trump bei der Steuerreform verzeichnen – und diese widerspreche seinen Wahlversprechen. Anstatt tatsächlich die Arbeiterklasse zu unterstützen und „den Sumpf auszutrocknen“, beweise Trump, dass er „wie ein republikanischer Plutokrat regiert“ (75, Übersetzung aus dem Englischen). Zudem sei es Trump nicht gelungen, die Macht seines Amtes für die Beeinflussung der Legislative zu nutzen. So werde das personell breit aufgestellte Exekutivbüro des Präsidenten kaum genutzt, um Gesetzesvorhaben zu beeinflussen und größere Gesetzesprojekte scheiterten schlicht an Trumps Unentschiedenheit und Inkonsistenz.

Trumps Präsidentschaft basiere auf einer großen strategischen Fehlannahme. Dem liege die Führungsschwäche Trumps zugrunde sowie die Personalisierung seiner Kommunikation. Dies verweist auf die Annahme, Trump sei ein großartigerer Kommunikator. Es sei durchaus richtig, dass es Trump besser als allen anderen gelinge, Aufmerksamkeit zu erheischen und Überschriften zu generieren. Dies geschehe allerdings auf Kosten der politischen Agenda. Die größtenteils negative Berichterstattung polarisiere unnötig und untergrabe seine Legitimität sowie die Fähigkeit, Botschaften zu platzieren. Somit beschränke er seine Fähigkeit zu regieren.

In der Außenpolitik werde Trump durch seine eigenen Berater sabotiert, die ihm bewusst wichtige Dokumente vorenthalten. Dies verhindere Schlimmeres, so die Autoren, und zementiere den Status quo. Es ist zudem die Außenpolitik, bei der sich die Autoren zu weit vorwagen und in das Muster verfallen, dass sie bei anderen vormals kritisieren, nämlich Trump mit all seinen Positionen über einen Kamm zu scheren und pauschal negativ zu beurteilen. So werde beispielsweise die aggressive Außenpolitik des Irans „von Trump als solche wahrgenommen“ (208, Übersetzung aus dem Englisch). Dies ist eine unzulässige Unterstellung, die dem ansonsten guten Werk gegen Ende etwas von seiner Stärke nimmt. Denn der Iran betreibt fraglos eine aggressive Außenpolitik in Syrien, im Jemen und im Libanon. Es wäre zu wünschen gewesen, die Verfasser hätten ihre akademische Sorgfalt bis zum Ende bewahrt.

Dennoch überzeugt das Buch durch seine zentrale These, die sich im Titel widerspiegelt. Auch der Ansatz, Trump objektiv beurteilen zu wollen, ist ein löbliches Unterfangen. Leider gelingt es den Autoren nicht, ihre Opposition gegenüber dem US-Präsidenten zurückzustellen. Allzu oft verfallen sie im Laufe des Buches in recht plumpe Kritik, die wenig zum Wissensgewinn für die Leser*innen beiträgt. Gegen Ende des Buches zitieren die Autoren Tweets und aus Trumps nicht selbstverfasstem Buch „The Art of the Deal“ (2015). Dies sind Beispiele mit beschränkter Aussagekraft und schaden dem ansonsten akademisch exzellent aufgearbeiteten Werk. Zudem versuchen sich die britischen Autoren am amerikanischen Englisch – die Zielgruppe scheint auf der anderen Seite des Atlantiks zu liegen. Dennoch trägt die Publikation maßgeblich zu einer Versachlichung der Debatte über Trumps Präsidentschaft bei.

 

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Rezension

Mara Oliva / Mark Shanahan (Hrsg.)

The Trump Presidency. From Campaign Trail to World Stage

Basingstoke, Palgrave Macmillan 2019

Donald Trump trat im Juni 2015 an, um der 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika zu werden. Mehrere Skandale begleiteten seinen Wahlkampf von den parteiinternen Primaries bis zu den finalen Wahlen. Trotzdem schlug Trump schlussendlich alle anderen Kandidaten aus dem Feld und wurde zum Präsidenten gewählt. Mit diesem Band, der die Ergebnisse der Monroe-Group-Konferenz von 2017 zusammenfasst, wird die noch junge Präsidentschaft Trumps politikfeldspezifisch betrachtet und im historischen Vergleich eingeordnet.
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Rezension

Michael Wolff

Feuer und Zorn. Im Weißen Haus von Donald Trump

Aus dem Englischen von Isabel Bogdan, Thomas Gunkel, Dirk van Gunsteren, Gregor Hens, Werner Schmitz, Jan Schönherr, Nikolaus Stingl. Reinbek, Rowohlt Verlag 2018

Nach einem kurzen Gespräch mit Donald Trump, der sich aber gar nicht für sein Buchprojekt interessierte und nicht mehr nachfragte, nahm der Journalist Michael Wolff auf einem Sofa im Weißen Haus Platz, neun Monate lang. Er hörte zu und verband alle Aussagen, egal wie sehr sie sich widersprachen, zu einer Erzählung. Entstanden ist so die ungefilterte Bestandsaufnahme einer chaotischen Präsidentschaft, für deren Gelingen jegliche Voraussetzung fehlt und die mit großer Wahrscheinlichkeit mit einer Amtsenthebung enden wird. Ergänzt wird die Rezension mit einer Medienschau über die Russland-Kontakte Trumps und seines Teams.
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William A. Galston
President Trump stands on shaky ground, poll shows
Brookings, 18. Juni 2019

 

Elaine Kamarck
Trump’s re-election kickoff: The greatest hits and a bit more
Brookings, 18. Juni 2019

 

Hanns W. Maull
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Stiftung Wissenschaft und Politik, Kurz gesagt, 23. November 2018


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Trump bringt sich für Wiederwahl in Stellung
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