Nicht nur die Herausgeber dieses Sammelbandes gehen davon aus, dass zahlreiche militärische Auseinandersetzungen der Gegenwart an das historische Phänomen des Kolonialkrieges anknüpfen. Diese definieren sie als „die an der kolonialen Peripherie in der Regel in den Formen des kleinen oder asymmetrischen Krieges ausgeübte physische Gewalt […], die darauf zielt, neue Gebiete in ein expandierendes Wirtschaftssystem einzugliedern beziehungsweise diesen Zustand aufrechtzuerhalten“ (20). So verstanden ließe sich der Begriff des Kolonialkrieges durchaus auch auf aktuelle Konflikte, wie z. B. im Irak anwenden. Während Begriffe wie „Imperium“ oder „Imperialismus“ wieder in Mode kommen und zunehmend regionale oder globale Ordnungsentwürfe beeinflussen, ist der Kolonialkrieg bisher nur selten systematisch analysiert worden. Meist beschränken sich entsprechende Studien auf militärische oder völkerrechtliche Fragen. Vor diesem Hintergrund sollen mit den Beiträgen mögliche Ansätze einer „kulturwissenschaftlich erweiterten, vergleichenden Systematik kolonialer Kriege“ (9) skizziert werden. Dies geschieht jeweils auf vier Analyseebenen. Zunächst werden allgemein die Bedingungen und der Verlauf eines Krieges erläutert. Anschließend werden militärische Details, wie z. B. Kräfteverhältnisse, Taktiken sowie der Charakter des Militäreinsatzes, untersucht. Von Interesse ist daneben aber auch der so genannte „Diskurs über den Krieg“, d. h. Begründungen und Rechtfertigungen, das Wechselspiel von Legitimation und Kritik oder die diskursive Einbettung in transnationale und interimperiale Austausch- und Wechselbeziehungen. Schließlich erfolgt auch eine Aufarbeitung der langfristigen Auswirkungen von Kolonialkriegen über ihr formales Ende hinaus. Die Autoren bearbeiten in ihren Beiträgen Kolonialkriege in Asien, Afrika und der arabischen Welt von der Phase des Hochimperialismus an der Schwelle zum 20. Jahrhundert bis zur beginnenden Dekolonisierung nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Band basiert auf einer entsprechenden Tagung im Januar 2003 in Erfurt.