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Farid Hafez

Islamisch-politische Denker. Eine Einführung in die islamisch-politische Ideengeschichte

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2014; 267 S.; geb., 51,95 €; ISBN 978-3-631-64335-8
Farid Hafez beabsichtigt, eine unmittelbare Einführung in das politische Denken muslimischer Autoren zu geben. Da viele dieser Intellektuellen im deutschsprachigen Raum im Original nicht gelesen werden können, zitiert er direkt aus ihren Werken. Sein Ziel dabei ist, „so authentisch wie möglich die jeweiligen Stimmen zu Wort kommen“ (39) zu lassen. Hafez will so „einen gewissen Einblick in die historische Entwicklung zentraler Kategorien islamisch‑politischen Denkens“ (41) geben. Entstanden ist das Buch im Rahmen einer Vorlesung aus dem Fach Politikwissenschaft für den Hochschulstudiengang für das Lehramt für Islamische Religion an Pflichtschulen an der Universität Wien. Hafez geht davon aus, dass der Islamismus als Forschungsfeld immer relevanter wird und bezeichnet seine eigene Arbeit als ein überfälliges Überblickswerk mit einem interdisziplinären Anspruch. Vorgestellt wird beispielsweise der persische Gelehrte und Staatsmann Nizam al‑Mulk, der einen guten Herrscher befürwortet habe. Gott „strafe“ (57) aber jenes Volk, das sich gegen seine Gesetze erhebe. Nizam al‑Mulk habe den Herrschern geraten, dafür zu sorgen, dass das Volk nicht hungern müsse. Sie sollten aber bemüht sein, die „Verbrecher zu vertilgen“ (63). Der Einfluss des Gelehrten Ibn‑Taymiyya reiche bis in unsere Tage, wobei dieser ein eigenes Konzept eines Kalifats entwickelt habe. Yahya Mishot habe zu bedenken gegeben, dass die terroristische Bewegung der Al Kaida Taymiyyas Ideen zu „Krieg und Widerstand“ (65) für eigene Zwecke instrumentalisiert habe. Hafez schreibt dazu, dass die politische Ordnung im Denken Taymiyyas „eng mit der militärischen Macht in Verbindung gesetzt“ (77) werde. Dieser befürworte keine Klasse der Gelehrten, betrachte aber das Volk als Souverän. Das Volk solle aber „den Schutz der Religion bewerkstelligen“ (79). Yusuf al‑Qaradawi sei einer der populärsten „global agierenden islamischen Gelehrten unserer Zeit" (237). Dieser mache die figh, das islamische Recht, gesellschaftsfähig. Qaradawi lehne sich an die Lehren von Hasan al‑Banna, dem Gründer der ägyptischen Muslimbruderschaft, an. Hafez schreibt, Qaradawi habe das Konzept des westlichen Säkularismus als „Gegenwehr gegen die Herrschaft der Kirche“ (246) nachvollzogen, sei aber der Meinung gewesen, dass eine solche Erfahrung nicht auf die islamische Welt übertragen werden könne. In der Tat liefert das Buch eine Einführung in die Sphären des politischen Islam. Eine kritischere und distanziertere Haltung gegenüber seinen wichtigsten Erfindern hätten zukünftige Religionslehrer jedoch verdient.
Wahied Wahdat-Hagh (WWH)
Dr., Dipl.-Soziologe und Dipl.-Politologe.
Rubrizierung: 5.34 Empfohlene Zitierweise: Wahied Wahdat-Hagh, Rezension zu: Farid Hafez: Islamisch-politische Denker. Frankfurt a. M. u. a.: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37468-islamisch-politische-denker_45815, veröffentlicht am 28.08.2014. Buch-Nr.: 45815 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken