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Klaas Voß

Washingtons Söldner. Verdeckte US-Interventionen im Kalten Krieg und ihre Folgen

Hamburg: Hamburger Edition 2014; 590 S.; 38,- €; ISBN 978-3-86854-274-5
„Der Kalte Krieg war keine Periode ohne Söldner, er war vielmehr eine Blütezeit des modernen Söldnertums.“ (8) Allerdings ist Klaas Voß nicht den Angestellten von Sicherheitsfirmen auf der Spur, sondern denjenigen, die sich mit Begriffen wie „Soldiers of Fortune“ oder „Mercenaries“ treffend beschreiben lassen und die auf eigene Rechnung auf Kriegsschauplätzen fern von intensiver internationaler Aufmerksamkeit auftauchten. Voß zeigt anschaulich, wie die Dynamik des Ost‑West‑Konfliktes das sicherheitspolitische Handlungsspektrum und ihre begründenden Argumente innerhalb der Washingtoner Administration beeinflusste. Kein Präsident wollte offen sichtbar mit einem Söldnereinsatz im Kongo, in Angola, Rhodesien und schließlich Nicaragua in Verbindung gesehen werden, aber dennoch wollten Johnson, Ford und Reagan der konkurrierenden Supermacht und ihren Vasallen das Feld nicht kampflos überlassen. Das stets plausible Dementi wird zu einem entscheidenden Leitmotiv von Söldneroperationen: Jeder mochte ahnen, dass die Söldner zumindest das finanzielle Wohlwollen Washingtons besaßen; aber beweisen sollte man es nicht können, dass Exilkubaner die Kampfflugzeuge im Kongo flogen, Südafrikaner in Angola die UNITA oder die FLNA unterstützten oder US‑Bürger in Zentralamerika in Operationen verwickelt waren, von denen im offiziellen Washington niemand etwas wissen wollte. Für die US‑amerikanischen Entscheider der 1960er‑ bis 1980er‑Jahre entwickelten sich Söldner zum bevorzugten Einsatzpersonal, denn mit ihnen ließ sich zumindest sicherheitstheoretisch ein zweites Kuba verhindern. Sie verhinderten aber auf jeden Fall ein zweites Vietnam, denn man musste keine eigenen Soldaten in den kongolesischen Dschungel oder in die rhodesische Savanne verlegen – angesichts der traumatischen Niederlage in Südostasien ein gewichtiges Argument. Die von Voß präsentierten Fallstudien lassen sich als Beispiele einer konzeptionell bedingten Lernfalle lesen: Nachdem man den Söldnereinsatz im Kongo 1964/65 als einen durchschlagenden Erfolg interpretiert hatte, schienen käufliche Krieger grundsätzlich und überall günstige Konfliktlösungen anbieten zu können. Aber den Kongo‑Ansatz auf Angola zu übertragen scheiterte ebenso wie der Einsatz von Söldnern in Nicaragua, der für die politische Glaubwürdigkeit der Reagan‑Administration schlicht ruinös war. Jede Regierung schien mit der Überzeugung anzutreten, dass das Konzept gut sei, und das Scheitern einer vorherigen Operation motivierte zu noch findigeren Unternehmungen, wie die Iran‑Contra‑Affäre zeigt. Voß bietet eine aufgrund seiner Quellen‑ und Literaturauswahl hoch belastbare Fülle anregend reflektierter Einsichten in einen bislang wenig beachteten Politikbereich, der vermutlich das Bewusstsein der Akteure im Kalten Krieg nicht weniger nachhaltig prägte als die nuklear basierten Bedrohungsszenarien zwischen NATO und Warschauer Pakt.
Axel Gablik (AG)
Dr., Historiker.
Rubrizierung: 4.41 | 4.1 | 4.22 | 2.64 | 2.67 | 2.65 Empfohlene Zitierweise: Axel Gablik, Rezension zu: Klaas Voß: Washingtons Söldner. Hamburg: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37547-washingtons-soeldner_45730, veröffentlicht am 18.09.2014. Buch-Nr.: 45730 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken