Die Freiburger Kreise. Akademischer Widerstand und Soziale Marktwirtschaft
Mit „Freiburger Kreis“ wird zum einen der akademische Widerstand gegen das NS‑Regime bezeichnet und zum anderen die auch unter dem Begriff der „Freiburger Schule“ bekannt gewordenen wirtschafts‑ und sozialwissenschaftlichen Konzeptionen, insbesondere Walter Euckens zur sozialen Marktwirtschaft, gefasst. Der Herausgeber Hans Maier und die Autorinnen und Autoren behandeln die „Entstehung und Wirkungsweise“ (7) dieser Kreise, beginnend mit einem ausführlichen Überblick über den heutigen Forschungsstand zum akademischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Daniela Rüther analysiert in ihrem beeindruckenden Beitrag den Einfluss des Freiburger Kreises auf die Widerstandsbewegung des 20. Juli 1944 und attestiert eine größere Bedeutung als gemeinhin angenommen wird. Anschließend erfolgt eine vertiefte biografische Betrachtung der führenden Persönlichkeiten in Form von Erinnerungen der Angehörigen von Walter Eucken, Adolf Lampe, Constantin von Dietze, Franz Böhm und Gerhard Ritter. Dabei wird durchaus kritisch mit der Vergangenheit dieser Persönlichkeiten umgegangen. So erhellt Günther Gillessen in seinem Beitrag die Diskussion zur „nationalkonservativen“ (187) Vergangenheit Gerhard Ritters in der Weimarer Republik. Ausgehend von diesen Betrachtungen der Vergangenheit vor 1945 gehen die Autor_innen dann der Frage nach den Kontinuitäten nach: Welchen Einfluss hatten die ökonomischen Kernthesen der Freiburger Schule auf die Schaffung und Ausgestaltung der sozialen Marktwirtschaft? Hans F. Zacher gibt in diesem Zusammenhang einen Überblick über den Prozess dieser sozialpolitischen Leitidee der frühen Nachkriegszeit. Er beschäftigt sich zudem mit dem Erbe der Freiburger Schule, das er in der wissenschaftlichen Betrachtung der sozialen Ordnung und den daraus resultierenden Leitideen, die bis heute einen Reformcharakter aufweisen, sieht. Uwe Dathe geht auf das Wirken Walter Euckens in der jungen Bundesrepublik ein. Auch hier ist mit Blick auf die Anti‑Kartell‑Gesetzgebung oder die Rolle der Bundesbank ein starker Einfluss von Ideen der „Freiburger“ zu erkennen. Diese enorme Bedeutung des Freiburger Kreises im jeweiligen historischen Kontext nachzuweisen und darzustellen und deren Kontinuität in Wissenschaft und Politik aufzuzeigen, ist in diesem Band eindrucksvoll gelungen.