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Robert Heuser

Grundriss der Geschichte und Modernisierung des chinesischen Rechts

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (Studien zu Recht und Rechtskultur Chinas 2); 286 S.; 74,- €; ISBN 978-3-8487-0781-2
„Im Unterschied zu allen anderen antiken Rechtskulturen wurde die chinesische nicht in ferner Vergangenheit abgebrochen“ (15), schreibt Robert Heuser. Spuren seien bis in das 19. Jahrhundert hinein zu finden – oder gar bis in die Gegenwart, wie sich bei der Lektüre dieses Einführungsbuches zeigt, das zusammengestellt ist aus zuvor bereits publizierten Aufsätzen. So entfaltet sich eine Rechtskultur, die vom nie verlorengegangenen Gesetzbuch der Tang‑Dynastie von 653 geprägt war und in der das Soziale entlang der Vorstellungen über „Weg, Tugend, Menschlichkeit, Rechtlichkeit, Sittlichkeit“ (19) geordnet werden sollte. „In der weiteren Entwicklung bleibt die Rechtsordnung durch ein Zusammenspiel von Fa (Gesetzesrecht) und Li (Gewohnheitsrecht), und das heißt von Regeln einer rationalisierten Bürokratie (profanes Verwaltungs‑ einschließlich Strafrecht) einerseits, solchen des patriarchalischen Gewohnheitsrecht andererseits bestimmt.“ (26) Der Qing‑Kodex von 1740, der bis in das 20. Jahrhundert hinein gültig war, enthielt vor allem ein Beamten‑ und Verwaltungsrecht sowie ein Strafrecht, in dem fünf Strafen vorgesehen waren: „Todesstrafe, Verbannung auf Lebenszeit, Verschickung zur Zwangsarbeit, große und kleine Prügelstrafe“ (120). Heuser schreibt, dass dieses Regelsystem von frühen ausländischen Beobachtern als klar strukturiert gelobt wurde. Mit dem Wirken des Reformers Shen Jiaben (1840 bis 1913) endete die rein chinesische Gesetzgebungsgeschichte, den Beginn der Modernisierung setzt Heuser mit dem britisch‑chinesischen Handelsvertrag von 1902 an, das vorläufige Ende dieser Entwicklung mit dem Beitritt Chinas zum WTO‑Abkommen 2001. Diese hundert Jahre Rechtsreform haben die chinesische Verfassung allerdings nicht in die Nähe von Gewaltenteilung und dem Schutz individueller Rechte gerückt. Zwar werde ein Rechtsstaat angestrebt. Aber in der „dem Primat der kommunistischen Partei geschuldeten Abhängigkeit der Gerichtsinstitution von den politischen Machtträgern aller Verwaltungsebenen liegen Hauptkennzeichen und […] Schwäche auch des ‚spezifischen chinesischen sozialistischen Rechts‘“. Dies sei „eine Barriere, die die gesetzgeberischen Absichtserklärungen in ihrer sozialen Entfaltung behindert“ (209). Abgesehen von dem Machtanspruch schimmert hier auch die konfuzianische Vorstellung vom Staat als „‚Eltern‑Regierung‘“ (221) durch, ausgestattet mit grenzenlosem Vertrauen und folglich freier Hand. „Merkwürdig berührt, dass dieser Optimismus sich so vertiefen konnte“ (222). Die Frage, ob Rechtsstaat und Demokratie voneinander zu trennen sind, verneint Heuser indirekt mit dem Hinweis auf die politisch gewollte „Vertiefung und Verbreiterung marktwirtschaftlich generierten Pluralismus“, der den Wert der Rechtssicherheit erkennen lassen. Diese Einsicht sei allgemein, es bleibe, institutionelle Konsequenzen aus ihr zu ziehen“ (228).
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Rubrizierung: 2.682.21 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Robert Heuser: Grundriss der Geschichte und Modernisierung des chinesischen Rechts Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37908-grundriss-der-geschichte-und-modernisierung-des-chinesischen-rechts_45576, veröffentlicht am 18.12.2014. Buch-Nr.: 45576 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken