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Björn Görder

Milton Friedmans Freiheitsverständnis. Systematische Rekonstruktion und wirtschaftsethische Diskussion

Tübingen: Mohr Siebeck 2015 (Perspektiven der Ethik 6); XVI, 508 S.; brosch., 74,- €; ISBN 978-3-16-153665-6
Diss. UniBW München; Begutachtung: F. Lohmann, D. Lüddicke. – Ohne Zweifel ist der Begriff der Freiheit ein ebenso zentraler wie konstitutiver Begriff für die zeitgenössischen westlichen Demokratien. Und so zentral der Begriff ist, so schwierig ist es auch seit jeher, ihn substanziell zu fassen. Vor diesem Hintergrund unternimmt Björn Görder den Versuch einer Präzisierung im Dialog: „Ziel dieses Buches ist es, [Milton] Friedmans einflussreiches Verständnis von Freiheit präzise nachzuzeichnen und dessen Überzeugungskraft kritisch zu diskutieren.“ (4) Was also besagt Freiheit, wie Friedman sie laut Görder verstanden hat? Im Zuge einer systematischen und ideengeschichtlich fundierten Interpretation seines Werkes kommt Görder unter anderem zu dem Schluss, dass Friedman – ebenso berüchtigter wie viel kritisierter Begründer der sogenannten Chicago School – auf ein Freiheitsverständnis abzielte, dass die Vorstellung von individueller Freiheit in den Mittelpunkt stellte. Diese habe Friedman sowohl utilitaristisch‑ökonomisch als auch ethisch begründet, wobei insbesondere der letztgenannte Aspekt im Zusammenhang mit den Totalitarismen des 20. Jahrhunderts – insbesondere denen von links – und staatlichen Steuerungsversuchen – etwa dem New Deal – zu sehen sei. Die Potenzialität der Selbstbestimmung indes als reine Freiheit zu verabsolutieren, auch hierauf weist Görder zu Recht hin, ohne dabei auf die Herstellung der hierfür erforderlichen materiellen wie immateriellen Bedingungen zu achten, ist weit verkürzt. Denn was nutzt Selbstbestimmung, wenn weder die physische Existenz gesichert noch die intellektuelle soweit gefestigt ist, dass sich Selbstbestimmung auch konstruktiv – und im Politischen heißt das: in Gemeinschaft – realisieren lässt? Der Möglichkeitsraum menschlicher Selbstverwirklichung, so Görder, „hängt daher nicht zuletzt an ihrer Ausstattung mit materiellen Ressourcen, an der Verteilung politischer und ökonomischer Macht sowie am Grad der Bildung in einem umfassenden Sinne“. Und weiter: „Nur so lässt sich wirklich menschliche Freiheit verwirklichen und verteidigen.“ (453) Sollten Friedman und der Neoliberalismus der Chicago School also doch zu kurz gedacht haben? Und was heißt das für eine globalisierte Welt im Zeichen neoliberaler Hegemonie? – Diese und weitere Fragen drängen sich nach der Lektüre dieser zwar sehr langen, jedoch auch sehr relevanten und lesbaren Studie vehement auf.
{LEM}
Rubrizierung: 5.465.455.41 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Björn Görder: Milton Friedmans Freiheitsverständnis. Tübingen: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39120-milton-friedmans-freiheitsverstaendnis_47262, veröffentlicht am 26.11.2015. Buch-Nr.: 47262 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken