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Johannes Agnoli

Subversive Theorie. "Die Sache selbst" und ihre Geschichte. Eine Berliner Vorlesung. Hrsg. Von Christoph Hühne

Freiburg i. Br.: Ça ira 1999 (Gesammelte Schriften 3); 230 S.; 2., durchges. und verb. Aufl.; 30,- DM; ISBN 3-924627-41-X
Agnoli belegt mit seiner letzten (offiziellen) Vorlesung an der FU Berlin aus dem Wintersemester 1989/90 eindrucksvoll, dass seine frühen "systemkritischen" Überlegungen ‑ so namentlich in der 1968 erschienenen Streitschrift "Transformation der Demokratie", die die marxistische Demokratiekritik der frühen 70er‑Jahre stark inspiriert hatte ‑ alles andere als Spiegelungen eines vermeintlich modischen Zeitgeistes waren. Diese Vorlesung, in der er Ideengeschichte "ohne schlechtes Gewissen" betreibt (16), befasst sich vornehmlich mit "subversiven Elementen", mit Gestalten also, deren Denken nicht auf Versöhnung mit den jeweils herrschenden Verhältnissen zielte, sondern sich "als eigenwillige Vernunft [...] gegen das faktisch Bestehende" richtete (16). Die Linie dieser "bewahrenden" Kritik reicht von Antigone über Thomas Müntzer und die Utopisten wie Morus und Campanella, über die englische Revolution und Spinoza bis hin zur französischen Revolution, in der das subversive Denken in Gestalt von Revolutionstheorien eine eigene Wirklichkeit annimmt (203 ff.). Agnoli präsentiert die ‑ vielfach vergessenen ‑ Repräsentanten subversiven Denkens mit einer Prägnanz, die offensichtlich von seiner Intention getragen wird, mit der Vorlesung "selbst [...] subversiv zu wirken" (27). Allerdings muss sich das subversive Denken im Blick auf die Gegenwart, in der "viele Illusionen zerstoben sind", auf die "schwierige Zeit des Überwinterns" (226) einrichten; hier könnte die Hoffnung helfen: "Daß der [...] nackte Kapitalismus den Endsieg über die Geschichte errungen haben soll[...] ‑ das ist die Illusion der bürgerlichen Jahrtausendwende" (227). Inhalt: Finsternis, Licht und das Recht auf Widerstand; Eva, Prometheus, Antigone: Die Subversion der Ananke; Logos und Stasis: Die Dialektik der Polis; Isonomie, Naturrecht und die Frauen; Res publica als Klassenkonflikt; Die zwei Schwerter und die zwei Wahrheiten: Linien der Subversion im Hochmittelalter; Die "Dame Vernunft" und ihre Agitatoren; "Die Rebellion ist gerechtfertigt": Thomas Müntzer und die Subversion der Bauern; Von der Utopie zum Königsmord: Die Radikalisierung der Volkssouveränität; Die Subversion wird praktisch: Leveller und Digger in der englischen Revolution; Zwischen Renaissance und Aufklärung: Spinozas negative Politik, Vicos Wahrheitskriterium; Das Prinzip Öffentlichkeit und die Subversion der Bürger; Revolution in der Revolution; Subversion auf deutsch.
Thomas Mirbach (Mir)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.42 | 5.3 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Johannes Agnoli: Subversive Theorie. Freiburg i. Br.: 1999, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/11572-subversive-theorie_13744, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 13744 Rezension drucken