In der nunmehr als broschierte Studienausgabe vorliegenden Biografie aus dem Jahre 1999 zeichnet der Philosophieprofessor der Universität Montreal vor allen Dingen den intellektuellen Lebensweg Gadamers. Lebensstationen wie Breslau, Marburg, Leipzig, Frankfurt oder Heidelberg werden, verbunden mit den zeitgeschichtlichen Erlebnissen des im Jahre 1900 geborenen Denkers der Hermeneutik, auch zu Chiffren seiner geistigen Entwicklung, die etwa mit den Namen Hartmann, Natorp, Heidegger oder Habermas und Derrida skizziert werden können. Grondin konnte sich bei seiner Arbeit auf zahlreiche Gespräche mit Gadamer stützten - gleichwohl handelt es sich nicht um eine "autorisierte" Biografie. Gadamer stand dem Vorhaben zunächst eher kritisch gegenüber. Neben der etwas zögerlichen Unterstützung seitens der Hauptperson fließen in Grondins Darstellung aber auch unveröffentlichte Texte Gadamers sowie etwa dessen Briefwechsel mit Heidegger ein. Zur Sprache kommt auch das Verhalten Gadamers in der Zeit des Nationalsozialismus sowie die Auseinandersetzungen um sein Rektorat an der Universität Leipzig nach dem Krieg. Die Darstellung ist durch zahlreiche Bilder ergänzt. Im Anhang findet sich eine detaillierte Chronik, Gadamers Vorlesungsankündigungen an deutschen Universitäten sowie schließlich eine ausführliche Bibliografie. Die Biografie widerlegt die eingangs von Grondin zitierte Aussage Heideggers, der zu Beginn seiner Vorlesung über Aristoteles (im Beisein Gadamers) 1924 sagte: "Bei der Persönlichkeit eines Philosophen hat nur das Interesse: er war dann und dann geboren, er arbeitete und starb." (7)