Zionismus ohne Zion. Birobidzan: Idee und Geschichte eines jüdischen Staates in Sowjet-Fernost
Geschichtswiss. Diss. TU Berlin; Gutachter: F. Golczewski. - Seit dem Ende der Zwanzigerjahre besiedelte die Sowjetunion im Fernen Osten des Landes die Jüdische Autonome Provinz Birobidzan und proklamierte, damit ein "Jahrhundertproblem" gelöst und die Gleichberechtigung der Juden verwirklicht zu haben. Die Entstehung und Entwicklung der Idee eines "Judenstaates" in der UdSSR und ihre geistesgeschichtlichen, politischen und ökonomischen Hintergründe untersucht diese Studie. Dabei diskutiert die Autorin auf einer breiten Quellengrundlage den historischen Kontext der Gründung der jüdischen Provinz und thematisiert Ambivalenzen der sowjetischen Politik, so z. B. warum eine dem Internationalismus verpflichtete Partei ein nationales Autonomieprojekt inszenierte und sich damit die zionistische Idee eines "Judenstaates" zu eigen machte, während sie zugleich in der Nationalitätenfrage die Forderung nach Assimilation erhoben hatte. Ihr gelingt es dabei im Gegensatz zu früheren Forschungen, die Jüdische Autonome Provinz multiperspektivisch zu untersuchen, d. h. im Kontext der zionistischen Idee jüdischer Staatlichkeit und gleichzeitig als Teil der Geschichte der Juden in der Sowjetunion.
Inhaltsübersicht: 1. Religion, Volk oder Nation? Die "jüdische Frage" und ihre Antworten; 2. Aus dem shtetl in die Stadt, vom Pariavolk zur "extra-territorialen Minderheit": die jüdische Bevölkerung auf dem Weg in das Sowjetsystem; 3. Der Streit um eine jüdische Sowjetrepublik: Nächstes Jahr auf der Krim? Nächstes Jahr in Birobidzan!; 4. Ferner Osten statt Naher Osten: die Jüdische Autonome Provinz und ihre Stilisierungen; 5. Das Ende vom Anfang: nicht jüdisch, nicht autonom, nur Provinz.