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Friedrich Voss

Den Kanzler im Visier. 20 Jahre mit Franz Josef Strauß

Mainz/München: v. Hase & Koehler 1999; 412 S.; Ln., 55,- DM; ISBN 3-7758-1384-5
Voss war enger Vertrauter von Strauß seit dessen Zeit als Bundesfinanzminister. Vom Redenschreiber brachte Voss es zum persönlichen Referenten und Büroleiter. 1976 wurde er Bundestagsabgeordneter und trat 1982 als Staatssekretär ins Bundesfinanzministerium ein. In den hier wiedergegebenen tagebuchartigen Notizen, Protokollen und persönlichen Impressionen stellt Strauß die zentrale Orientierungsfigur dar, die sein Mitarbeiter nur allzu gern auch als Kanzler der Bundesrepublik Deutschland erlebt hätte. Doch auch ohne das Amt des Kanzlers innezuhaben, machte Strauß über seine Kandidatur 1980 hinaus in erheblichem Maße Bundespolitik, die über die Stichworte Ostverträge, Sonthofen, Kreuth, Milliardenkredit, Flick-Affäre oder Flugbenzin skizziert werden kann. Das Buch verfügt über einen Bildteil und einen Anhang mit Dokumenten und Protokollen zu einigen der geschilderten Ereignisse. Ebenso wie um "FJS" geht es in diesem Buch auch um Voss selbst, wenn etwa sein erster Entwurf für eine Rede anlässlich einer internationalen Mode-Woche in Köln 1968 als Original-Reprint wiedergegeben ist. Im Text über die Schwierigkeiten dieser Aufgabe ist zu lesen: "Erschwerend kommt hinzu, dass ich kein modebewusster Mensch bin und insgeheim die Mode, die in ihrem Wesen auf Wechselhaftigkeit und meist sinnlose und willkürliche Veränderung angelegt ist, für eine der großen Huren und Menschenverführer der Weltgeschichte halte." (8) Voss' Notizen sind in diesem Sinne von eindeutig konservativer Wahrnehmung des politischen Umfeldes gekennzeichnet. Die hin und wieder durchschimmernden Insider-Informationen über den Bonner Politik-Betrieb gehen gelegentlich inmitten der wieder und wieder betonten Einzigartigkeit, Meister- und Kennerschaft von Strauß unter. Anlässlich seiner ersten Teilnahme an einer Sitzung zu haushaltspolitischen Fragen mit dem neuen Bundeskanzler Helmut Kohl notiert Voss: "Bundeskanzler Helmut Kohl leitet zwar diese Gesprächsrunde, gibt aber zu den sachlichen Fragen keine eigene Stellungnahme ab, sondern überlässt die Darstellung der künftigen Politik uneingeschränkt den jeweiligen Ressortvertretern. Ein derartiger Vorgang wäre bei FJS wegen seines reichen Detailwissens völlig undenkbar gewesen." (239) In diesem Sinne bemerkt schon der Verlag auf dem Werbezettel zum Buch, dass Voss "aus seiner Hochachtung für den außergewöhnlichen Politiker und Menschen FJS keinen Hehl macht".
Manuel Fröhlich (MF)
Prof. Dr., Juniorprofessur für Politikwissenschaft, Universität Jena (www.manuel-froehlich.de).
Rubrizierung: 2.3 | 2.331 Empfohlene Zitierweise: Manuel Fröhlich, Rezension zu: Friedrich Voss: Den Kanzler im Visier. Mainz/München: 1999, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/11731-den-kanzler-im-visier_13974, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 13974 Rezension drucken