Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt zieht in diesem Buch eine Bilanz der zehn Jahre seit dem Mauerfall, der es an klaren Stellungnahmen gewiss nicht mangelt. Höppner konstatiert, dass in Ost und West die Uhren immer noch anders ticken, aber nicht weil es allein dem Osten an Reformbereitschaft mangelt. Der Westen ist auch nicht gerade ein Hort der Innovationen und der Wille, sich auf die Erfahrungen der Ostdeutschen einzulassen, ist allzu oft nicht vorhanden. "Was uns fehlt, ist der Mut zum genauen Erinnern. Wir sollten uns eingestehen, dass keiner allein im Besitz der historischen Wahrheit ist." (51) Mit diesen beiden Sätzen ist der wichtigste Grundgedanke des Buchs präzise umrissen. Höppner wendet sich vor allem gegen die Vorurteile, die das Zusammenwachsen immer noch erschweren. In vielen Anekdoten aus seiner Zeit als DDR-Bürger und seiner Arbeit in der Politik führt er allen Lesern in West und Ost immer wieder vor Augen, dass die Suche nach Schuldigen den Blick auf die Wahrheit verstellt. Das Aufwärmen von Klischees auf beiden Seiten hilft zudem nicht dabei, die vielfältigen Aufgaben zu bewältigen, die das Zusammenwachsen von Ost und West noch stellt. Im letzten Abschnitt skizziert Höppner diese Herausforderungen und teilt sie ein in die Bereiche Veränderung der Arbeitswelt, Grenzen des Marktes sowie Aufgaben des Friedens. Das Buch enthält sicherlich keine überraschenden neuen Erkenntnisse. Es ist jedoch eine realistische, aber keineswegs pessimistische Bestandsaufnahme des Vereinigungsprozesses aus der Sicht eines Politikers, der seit 1990 stets in führenden Positionen im Osten Deutschlands aktiv gewesen ist.