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Stephan Nonhoff

"In der Neutralität verhungern?" Österreich und die Schweiz vor der europäischen Integration

Münster: agenda Verlag 1995 (agenda Politik 5); 246 S.; 36,- DM; ISBN 3-929440-62-8
Diss.; Erstgutachter: W. Woyke. - Die kleineren Staaten, wie Österreich oder die Schweiz, haben ihre Neutralität als "pragmatisch-egoistisches Mittel zur nationalen Selbsterhaltung" eingesetzt und konnten sich "im Schatten der Blockkonfrontation auf den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aufbau ihres Territoriums beschränken" (191). Die Gültigkeit des Neutralitätskonzeptes wurde schon während des Kalten Krieges in Zweifel gezogen und nach Ende der Ost-West-Konfrontation allemal. Für die beiden Alpenrepubliken war seit langem klar, daß eine Anbindung an die westeuropäische Wirtschaftspolitik existentiell für ihre Wirtschaft sei, weshalb bilaterale Kontakte zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den Ländern geknüpft wurden. Seit Mitte der achtziger Jahre wurde in Österreich - ausgelöst u. a. durch die Schaffung des EG-Binnenmarktes - die Diskussion um eine Vollmitgliedschaft intensiv geführt, noch vor Ende des Ost-West-Konfliktes. Österreich hat als erstes neutrales Land in Brüssel einen Beitrittsantrag gestellt, allerdings noch mit einem Neutralitätsvorbehalt. Durch eine "juristische Neuinterpretation der EU-Verträge sowie durch die Konstatierung, daß im Rahmen der GASP [Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik] nur 'soft security' intergouvernemental behandelt werde, konnte eine Vereinbarkeit zwischen der Neutralität und einer EU-Mitgliedschaft ermittelt werden" (207). Die Neumitglieder (Finnland, Österreich und Schweden) haben ihre grundsätzliche Bereitschaft zur Mitarbeit an der GASP erklärt, trotz der Beibehaltung des Neutralitätsstatus, was zu Problemen führen könnte. Aus Sicht Nonhoffs hat die Nichtmitgliedschaft für die Schweiz kaum negative wirtschaftliche Auswirkungen, da das Land mit der Europäischen Union bilateral eng verbunden ist. Infolge ihrer "konservativen Neutralitätskonzeption" und ihrer starken Wirtschaftskraft zeigt die Schweiz nur wenig Neigung, sich zu integrieren. Hinzu kommt die direkte Demokratie als hemmendes Element. Nach Ansicht des Autors wäre es für das Land wichtig, sich "der internationalen Tendenz zu Verbundwerken" anzupassen, um so seine Sicherheit und Unabhängigkeit zu erhalten, anstatt den "verschleiernden Mythos der unantastbaren Neutralität" (208) weiterhin zu pflegen. Die Schweiz läuft Gefahr, an Bedeutung zu verlieren. Inhaltsübersicht: I. Allgemeiner Bezugsrahmen: Neutralität. Völkerrecht und Realpolitik; II. Nationaler Bezugsrahmen: Die Schweiz; III. Nationaler Bezugsrahmen: Österreich; IV. Volkswirtschaftlicher Bezugsrahmen: EG und EFTA - die westeuropäische Verlobung; V. Konklusion: Zwischen Isolation und Integration.
Sabine Steppat (Ste)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 3.1 | 2.4 | 2.5 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Stephan Nonhoff: "In der Neutralität verhungern?" Münster: 1995, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/1358-in-der-neutralitaet-verhungern_1515, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 1515 Rezension drucken