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Reinhard Mehring (Hrsg.)

"Auf der gefahrenvollen Straße des öffentlichen Rechts" Briefwechsel Carl Schmitt – Rudolf Smend 1921-1961. Mit ergänzenden Materialien

Berlin: Duncker & Humblot 2010; 208 S.; 28,- €; ISBN 978-3-428-13394-9
Mit dem neuerlichen Interesse an Carl Schmitt als politischem Denker steigt auch jenes an persönlichen Details. Mehring, Autor der aktuellen Biografie (Carl Schmitt, Aufstieg und Fall, 2009; siehe Buch-Nr. 37305), hat auch für den vorliegenden Briefwechsel wieder sorgsam in den Nachlässen recherchiert. Herausgekommen ist eine mit ergänzenden Materialen angereicherte Edition (u. a. bisher unveröffentlichte Schmitt-Gutachten, aber auch das von Smend zur Promotion von Wilhelm Hennis sowie kleinere Artikel und ein Bildteil), die für jeden von Interesse ist, der sich näher mit den politischen Kontroversen der „großen Vier“ im sogenannten Richtungsstreit der Staats- und Verfassungslehre beschäftigt. Aus internationaler Sicht ist die Bedeutung von Smend zu relativieren: Wie Hermann Heller – und im Unterschied zu Kelsen und Schmitt – blieb er in seiner Rezeption primär auf Deutschland beschränkt. Hier aber ist der Einfluss seiner anpassungsfähigen „Integrationslehre“, die zeitweise nahezu zur offiziellen Staatsdoktrin der Bundesrepublik avancierte, bis heute kaum zu überschätzen. Insofern lässt sich die Edition nicht nur aus der Perspektive von Schmitt lesen, zumal noch gar keine Korrespondenzen von Smend veröffentlicht wurden. Bei der Lektüre helfen Mehrings ausführliche Erläuterungen in den Fußnoten zum Kontext und zu den heute zum Teil vergessenen sonstigen Akteuren, die einzelnen Briefe rasch zu verorten, die bis zum endgültigen Abbruch durch Schmitt (1961) eine Zeitspanne von 40 Jahren umfassen. Wer sich die ideologischen Grabenkämpfe um die Deutungshoheit zwischen der Schmitt- und der Smend-Schule nach 1945 vor Augen führt, mag darüber vergessen haben, wie nahe, inhaltlich und auch persönlich, sich beide in Weimar einst standen: „Keinen anderen hat Schmitt menschlich und fachlich so geschätzt“ (8). Und es ist Smend, der ihn bei seinen ersten Berufungen in Greifswald und Bonn protegiert, Jahrzehnte später aber „eine Mappe [...] ‚Problem Carl Schmitt’“ führt (149), um die Schmitt-Festschrift publizistisch zu bekämpfen. Neben diesem Einblick in Wissenschaft als „Intrigantenstadel“ ergibt sich beim Stöbern manch weiteres Detail: z. B. die von Schmitt zu Recht wahrgenommene Übereinstimmung zwischen dem von ihm bekämpften, englischen Anti-Souveränitäts- und Pluralismustheoretiker Harold Laski und seinem Wiener Antipoden Kelsen.
Robert Chr. van Ooyen (RVO)
Dr., ORR, Hochschullehrer für Staats- und Gesellschaftswissenschaften, Fachhochschule des Bundes Lübeck; Lehrbeauftragter am OSI der FU Berlin sowie am Masterstudiengang "Politik und Verfassung" der TU Dresden.
Rubrizierung: 5.46 Empfohlene Zitierweise: Robert Chr. van Ooyen, Rezension zu: Reinhard Mehring (Hrsg.): "Auf der gefahrenvollen Straße des öffentlichen Rechts" Berlin: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/21933-auf-der-gefahrenvollen-strasse-des-oeffentlichen-rechts_39748, veröffentlicht am 04.01.2011. Buch-Nr.: 39748 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken