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Hans-Ulrich Wehler

"Eine lebhafte Kampfsituation". Ein Gespräch mit Manfred Hettling und Cornelius Torp

München: C. H. Beck 2006 (Beck'sche Reihe 1705); 224 S.; 12,90 €; ISBN 978-3-406-54146-9
„Ich glaube nicht an die ‚Gnade der späten Geburt’, wohl aber, dass der Zufall des Geburtsjahres eine große Rolle spielt“ (61), sagt Wehler. Diese Feststellung trifft sicher vor allem auf seine Generation (Geburtsjahrgänge 1928/29) zu, die maßgeblich die junge Bundesrepublik prägte, indem sie den Älteren Veränderung und Modernisierung abrang. Ein Beispiel dafür ist die mühsame Habilitierung Wehlers. Seine erste Schrift über den amerikanischen Imperialismus wurde nicht angenommen, in „der Habil-Kommission hieß es dann, so könne man nicht mit einem politischen Verbündeten umspringen“ (141). Die zweite Arbeit über „Bismarck und der Imperialismus“ wurde dann knapp akzeptiert, verbunden mit dem Wunsch, er möge sie nicht veröffentlichen. Hettling und Torp schreiben einleitend, dass sich das „leidenschaftliche Engagement der Jungen für die neue demokratische Ordnung in den Jahren nach 1949“ biografisch erschließe: „Sie wollten sich die gewonnene Freiheit nicht wieder nehmen lassen.“ (10) Entsprechend ist auch die Entwicklung der Historischen Sozialwissenschaft in Bielefeld zu sehen, die Wehler als Professor für allgemeine Geschichte von 1971 bis 1996 zusammen mit Jürgen Kocka prägte. Persönliche Lebenserfahrungen und wissenschaftliche Entwicklung fließen so in diesem Buch ineinander, angereichert mit Anekdoten aus der Zunft und insgesamt kurzweilig zu lesen. Interessant ist auch das Kapitel über Max Weber und andere theoretische Galionsfiguren – Wehler bekennt, „die Gedanken im Steinbruch der Weberschen Werke gesucht“ (131) zu haben, für den anderen Bielefelder, Luhmann, hat er aber nichts übrig. Dessen Ansatz sei „ein gewalttätiger und anmaßender Versuch, die Welt in der Sprache der Systemtheorie neu zu erfinden“ (137). Gegen Ende des Interviews findet sich noch die klassische Frage an den Historiker: Kann man aus der Geschichte lernen? Alle Erfahrungen mit utopischen Entwürfen seien deprimierend verlaufen, so die Antwort. Für den Menschen gebe es nur ein historisches Orientierungswissen. Wehler fallen allerdings auch noch zahlreiche Forschungslücken ein.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.3 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Hans-Ulrich Wehler: "Eine lebhafte Kampfsituation" München: 2006, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/26594-eine-lebhafte-kampfsituation_30999, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 30999 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken