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Ute Daniel / Axel Schildt (Hrsg.)

Massenmedien im Europa des 20. Jahrhunderts

Köln/Weimar/Wien: Böhlau Verlag 2010 (Industrielle Welt 77); 440 S.; geb., 44,90 €; ISBN 978-3-412-20443-3
Welche Bedeutung hatten Massenmedien im 20. Jahrhundert für Politik und Gesellschaft in Europa? Ist der wichtigste Medientrend die Amerikanisierung oder ist dieser Befund falsch? In diesem Band werden die massenmediale Vergesellschaftung im Europa des 20. Jahrhunderts, die Entwicklung von Medien, Recht und Politik, die Technikentwicklung sowie zahlreiche Spezialthemen behandelt. Die Analysen belegen, dass keine generelle Amerikanisierung der Medien zu konstatieren ist. Jörg Requate kommt zu dem Schluss, dass es zwar eine Orientierung am US-Medienmarkt in allen Bereichen gibt, dass dem aber in Europa die politisch-gesellschaftliche Bedeutung der Massenmedien bis hin zur „Funktion der gesellschaftlichen Selbstorganisation insbesondere im Übergang von Diktaturen zu demokratischen Strukturen“ (55) gegenübersteht. In weiteren fundierten Beiträgen kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass die allgemeine Verbreitung von Rundfunk, Fernsehen und Zeitungen zu einer medialen Durchdringung des Alltags europäischer Gesellschaften geführt hat, dass es einen Trend zu Amerikanisierung im Unterhaltungsbereich gibt, dass aber die europäischen Medien auch als „Deutungsinstanz und Konstrukteur des kulturellen Gedächtnisses“ (109) dienten, wie Marszolek und von Saldern für den Radiosektor nachweisen. Neben nationenübergreifenden Unterhaltungstrends wurden auch Anlässe und Inhalte wechselseitiger nationaler Abgrenzung geschaffen. Wichtige Spezialthemen sind „Presse und Kanzel“ (331), die „Inszenierung des Militärführers“ (357), die Rolle der Medien im Hinblick auf eine Amerikanisierung der Wahlkämpfe und Kampagnen sowie die Ausstrahlung der US-Fernsehserie Holocaust und ihre bedeutende Rolle für die europäische Erinnerungskultur (413). Mit diesem wichtigen Band zur europäischen Mediengeschichte des 20. Jahrhunderts wird die bisherige Sicht einer generellen Amerikanisierung und Vereinheitlichung der Medien schlüssig widerlegt. Stattdessen wird „eine Vielzahl von national und regional höchst unterschiedlichen Formen des Umgang mit den Massenmedien“ (8) beschrieben.
Armin König (AK)
Dr., Verwaltungswissenschaftler, Bürgermeister der Gemeinde Illingen, Dozent Fachhochschule für Verwaltung (FHSV) des Saarlandes.
Rubrizierung: 2.22 | 2.61 | 2.333 Empfohlene Zitierweise: Armin König, Rezension zu: Ute Daniel / Axel Schildt (Hrsg.): Massenmedien im Europa des 20. Jahrhunderts Köln/Weimar/Wien: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31153-massenmedien-im-europa-des-20-jahrhunderts_37047, veröffentlicht am 09.11.2010. Buch-Nr.: 37047 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken