Skip to main content
Hans Herbert von Arnim (Hrsg.)

Defizite in Staat und Verwaltung

Berlin: Duncker & Humblot 2010 (Schriftenreihe der Hochschule Speyer 203); 177 S.; 68,- €; ISBN 978-3-428-13262-1
Von Arnim skizziert gleichsam zur Einleitung in einem Rückblick die grundlegenden demokratietheoretischen Probleme, die durch die Eigeninteressen von Abgeordneten, die Ausgestaltung des Wahlrechts und eine zunehmende finanzielle Verflechtung zwischen Bund und Ländern entstehen. Er kritisiert dabei Korruption und Lobbyismus ebenso wie die Tatsache, dass direktdemokratische Instrumente wie der Volksentscheid bisher nicht auf der Bundesebene eingerichtet wurden – der Staat blockiere in diesem Fall die Interessenwahrnehmung seiner Bürger. Gleichfalls kritisch steht Paul Kirchhof den Aktivitäten des Staates und den daraus folgenden unkontrollierten Auswirkungen auf die Gesellschaft gegenüber. Er stellt beim Gesetzgeber ein deutliches Schwinden des Freiheitsvertrauens fest. In der gegenwärtigen Gesetzgebung beeinflusse der Staat die Selbstverantwortung des Bürgers auf ungerechtfertigte Weise. Das Steuerrecht könne hingegen gute Anreizfunktionen bieten, die Freiheit des Einzelnen zumindest wirtschaftlich wieder fruchtbar zu machen. Wie der Bürger der Beschränkung seiner individuellen Freiheit durch die Nutzung direktdemokratischer Instrumente entgegentreten kann, betrachtet Otmar Jung. Er zeigt anhand einer Reihe von Fällen, wie alleine die Ankündigung eines Volksbegehrens eine Regierung zur Aufnahme spezifischer Themen oder gar zur Verabschiedung von Gesetzen bewegen kann und macht so die disziplinierende Funktion der direkten Demokratie deutlich. Alle Autoren verstehen sich als Anwälte des Gemeinwohls gegen potente politische und wirtschaftliche Partikularinteressen. Die Nennung von Ross und Reiter macht diesen Band durchweg spannend, hat allerdings auch zur Folge, dass die Beiträge nicht nur eine wissenschaftliche Zielrichtung haben. Durch das Detailreichtum bei der Schilderung des politischen Tagesgeschäfts wird auch eine Richtung hin zu einem investigativen Journalismus eingeschlagen. Eines ist dieser Band, der die Beiträge und Diskussionsprotokolle der 10. Speyerer Demokratietagung 2007 enthält, jedoch in jedem Fall: der gelungene Appell an die politische Selbstverantwortung des Bürgers.
Jens Wassenhoven (JWN)
Dipl.-Kfm., Dr., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.32 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Jens Wassenhoven, Rezension zu: Hans Herbert von Arnim (Hrsg.): Defizite in Staat und Verwaltung Berlin: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32787-defizite-in-staat-und-verwaltung_39158, veröffentlicht am 14.09.2010. Buch-Nr.: 39158 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken