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Katja Köhr

Die vielen Gesichter des Holocaust. Museale Repräsentationen zwischen Individualisierung, Universalisierung und Nationalisierung

Göttingen: V&R unipress 2012 (Studien des Georg-Eckert-Instituts zur internationalen Bildungsmedienforschung 128); 269 S.; pb., 34,99 €; ISBN 978-3-89971-671-9
Diss. Kiel; Begutachtung: K. H. Pohl, R. Jaworski. – Daniel Levys und Natan Sznaiders Studie „Erinnerung im globalen Zeitalter“ (siehe Buch Nr. 17660) gehört zu den zentralen Bezugspunkten der sozialwissenschaftlichen Forschung zur Erinnerung an den Holocaust. Die von beiden Autoren vertretene Globalisierungsthese fasst Katja Köhr, Geschichtsdidaktikerin an der Leibniz Universität Hannover, als Universalisierung auf und ergänzt sie mit zwei weiteren Grundtendenzen: Individualisierung und Pluralisierung. Dabei „stellt sich die Erinnerung an den Holocaust in ihrer Deutung als universalisiert, in ihrer Darstellung als individualisiert und in ihrer Trägerschaft als pluralisiert heraus, wobei alle drei Charakteristika in enger Verbindung und Wechselwirkung miteinander stehen“ (22). Im Zentrum der Arbeit steht das Bemühen, diese Wechselwirkungen anhand internationaler musealer Repräsentationen des Holocaust nachzuzeichnen. Dazu werden Vermittlungskonzepte und Inszenierungsformen analysiert und miteinander verglichen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Betrachtung nationaler Spezifika in Bezug auf die Grundannahme der Universalisierung. Als Untersuchungsgegenstände dienen der Ort der Information des Denkmals für die ermordeten Juden Europas in Berlin, das United States Holocaust Memorial Museum in Washington, das HL‑Center in Oslo, das Memorial Center in Budapest und das Holocaust History Museum in der zentralen jüdischen Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem, womit ein breiter geografischer Rahmen abgedeckt wird. Es zeigt sich, dass „alle Ausstellungen auf einen gemeinsamen Bilderhaushalt und auf ähnliche Präsentationskonzepte zurück[greifen]“ (245). Die dahinterliegenden Narrative jedoch unterscheiden sich trotz aller Universalisierungstendenzen bisweilen stark: „Nach wie vor schreibt jede Nation ihre eigene Geschichte des Holocaust, die wiederum umstritten bleibt und immer wieder neu gedeutet wird“ (246) – auch wenn sich die Erinnerung zunehmend von den jüdischen Opfern löst und der Holocaust als Symbole für „das Böse“ schlechthin steht.
Martin Munke (MUN)
M. A., Europawissenschaftler (Historiker), wiss. Hilfskraft, Institut für Europäische Studien / Institut für Europäische Geschichte, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 2.23 | 2.35 | 2.61 | 2.63 | 2.64 Empfohlene Zitierweise: Martin Munke, Rezension zu: Katja Köhr: Die vielen Gesichter des Holocaust. Göttingen: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36211-die-vielen-gesichter-des-holocaust_41273, veröffentlicht am 26.09.2013. Buch-Nr.: 41273 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken