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Alain Badiou / Slavoj Žižek (Hrsg.)

Die Idee des Kommunismus. Band III. Aus dem Englischen übersetzt von Steffen Vogel

Hamburg: LAIKA Verlag 2015 (LAIKAtheorie); 252 S.; 24,- €; ISBN 978-3-944233-03-1
Nur selten gehen die Protagonisten der neuen Idee des Kommunismus so selbstkritisch vor wie in dem dritten Band dieser Reihe. Alain Badiou knüpft an die besten Momente seiner kommunistischen Hypothese an. Er vertieft seine Analyse über Gewaltherrschaft und Terror in revolutionären Situationen sowie die darin aufscheinende, seltsame „Faszination für den Feind“ und „mimetische Rivalität“ (20) der gegenseitigen Überbietung an Entfremdung im Systemwettbewerb. Étienne Balibar diskutiert die „bemerkenswert entgegengesetzten Sichtweisen auf die Revolution“ (36) zwischen den biopolitischen und ideologiekritischen Strömungen des Postmarxismus und kommt zum Schluss, dass vor allem erstere die dem Spätkapitalismus eigenen, „gigantischen Formen von Standardisierung und Mechanisierung“ der Arbeit „ignorieren oder minimieren“ (45). Dadurch scheinen die vielfältigen Hoffnungen auf die Emergenz kommunistischer Muster aus der bestehenden Ordnung plötzlich sehr fragwürdig zu sein. Susan Buck‑Morss holt noch weiter aus und erteilt allen existenzialistischen Versuchen – im Geiste etwa des Operaismus und des Heideggerianismus –, linke Politik aus der Mikrophysik der unmittelbaren Unterdrückung abzuleiten, eine klare Absage: „Tatsächlich ist das Ontologische niemals politisch. Eine commonistische (oder kommunistische) Ontologie ist ein Widerspruch in sich“ (75). Und auch der scheinbar unendliche Horizont der Philosophie vom wahrhaften politischen Ereignis wird begrenzt: „Das, was in einem Ereignis plötzlich möglich ist, besteht darin, den selbsterklärten Demokratien zu folgen, die bereits etabliert sind“ (85). Jodi Dean sekundiert mit einer vernichtenden Kritik von Wendy Browns einflussreicher Interpretation von Walter Benjamin: „Brown legt nahe, die Linke sei in Folge historischer Veränderungen besiegt und verlassen worden. Benjamin nötigt uns zu erwägen, dass die Linke aufgegeben und sich verkauft hat“ (106). Der falsche Individualismus und das heimliche „Genießen, [das die Linke] durch ihren Rückzug aus der Verantwortung“ (109) gewinnt, wird laut Dean auch von Antonio Negri und Alain Badiou nur unzureichend aufgelöst. Statt Idee, Ereignis, Singularität sollte sich linke Theorie wieder dem Thema der Massen zuwenden. Denn: „Statt eine Identität zu benennen, unterstreicht die Zahl [der Masse] eine Teilung und eine Lücke“ (124), wirke also ganz und gar kritisch im besten marxschen Sinne. Insgesamt handelt es sich sicher um einen der streitbarsten und zugänglichsten Bände zum Thema.
{FG}
Rubrizierung: 2.22 | 5.43 Empfohlene Zitierweise: Florian Geisler, Rezension zu: Alain Badiou / Slavoj Žižek (Hrsg.): Die Idee des Kommunismus. Band III. Hamburg: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38609-die-idee-des-kommunismus-band-iii_45713, veröffentlicht am 09.07.2015. Buch-Nr.: 45713 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken