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Silke Bothfeld

Teilzeitarbeit für alle? Eine Untersuchung von Teilzeitpräferenzen in Deutschland und Großbritannien unter beschäftigungspolitischen Gesichtspunkten

Berlin: OHNE 1997; 106 S.; ISBN OHNE
Politikwiss. Diplomarbeit FU Berlin; Erstgutachter: G. Schmid. Standort: Universitäts- und Stadtbibliothek Köln, Universitätsstr. 33, 50931 Köln (Fernleihe möglich). - Eine Verkürzung der Arbeitszeit oder die Ausdehnung von Teilzeitarbeit werden auf der nationalstaatlichen wie auf europäischer Ebene von Politik und Wissenschaft als eine beschäftigungspolitische Strategie empfohlen. Es ist jedoch zu beobachten, daß sich Teilzeitarbeit nach stärkeren Zuwächsen in den 1970er und 1980er Jahren seit Beginn der 1990er nur noch sehr zögerlich entwickelt. Zudem konzentriert sich Teilzeitarbeit in den EU-Ländern in bestimmten Sektoren und Berufsgruppen. Und schließlich: Nach wie vor ist Teilzeitarbeit Frauenarbeit. Bei dem überall zu vernehmenden Ruf nach mehr Teilzeitarbeit bleiben meist die Fragen unbeantwortet, wo die Politik ansetzen kann, um eine Umverteilung der Arbeit zu fördern und wo die Grenzen dieser Strategie liegen. Dieser Frage nimmt sich die Arbeit an. Sie soll einen Beitrag zur Erkennung der Problemlage leisten und rückt daher die Entscheidungssituation der ArbeitnehmerInnen in den Mittelpunkt. Die Frage, wer sich unter welchen Bedingungen für Teilzeitarbeit entscheidet bzw. entscheiden kann, bildet den Leitfaden der Argumentation. Ein Anliegen dabei ist, die vereinfachte Dichotomie zwischen "freiwilliger" bzw. "unfreiwilliger" Teilzeitarbeit aufzubrechen, und vielmehr zu fragen, unter welchen Bedingungen ArbeitnehmerInnen Präferenzen für eine teilzeitige Beschäftigung ausbilden. Für das theoretische Verständnis einer entsprechenden Entscheidungssituation können Ansätze der Rational-Choice-Theorie einen wichtigen Beitrag leisten, um potentielle Wirkungsweisen ökonomischer Faktoren zu beleuchten. Andererseits wird am Beispiel der Teilzeitentscheidung ganz deutlich, daß die impliziten Rationalitätsannahmen für ökonomische Entscheidungen, die in einen durch Institutionen strukturierten sozio-ökonomischen oder sozio-kulturellen Kontext eingebettet sind, nur begrenzte Gültigkeit haben. Hier wird die These vertreten, daß die Ausbildung einer Präferenz für Teilzeitarbeit nur zum Teil mit Hilfe der Annahme nutzenmaximierenden Verhaltens zu erklären ist, und daß die "freie Entscheidung" in der Regel durch institutionalisierte "constraints" begrenzt wird. Demzufolge kann in den seltensten Fällen von Präferenzen für Teilzeitarbeit im Sinne von Freiwilligkeit gesprochen werden, sondern es muß davon ausgegangen werden, daß sich Präferenzen adaptiv, d. h. in der Orientierung an den sozio-ökonomischen bzw. sozio-kulturellen Rahmenbedingungen, bilden. Die empirische Grundlage dieser Arbeit bildet der Vergleich der Teilzeitbeschäftigten in Deutschland und Großbritannien. Auf der Basis des Sozio-Ökonomischen Panels für Deutschland und des britischen Haushaltspanels für Großbritannien wird gezeigt, daß sich in beiden Ländern Gruppen von Teilzeitbeschäftigten ausmachen lassen, die sich aufgrund ihres Entscheidungsspielraums - provisorisch - als "traditionelle", "postmoderne" und "funktionale" Teilzeitbeschäftigte unterscheiden lassen. Tatsächlich erweist sich die Gruppe der "postmodernen" Teilzeitbeschäftigten, die ihre Entscheidung unter minimalen Handlungszwängen (z. B. Verantwortlichkeit für Kinderbetreuung) treffen, in beiden Ländern als verschwindend gering, während die Gruppe der "traditionellen" Teilzeitbeschäftigten (verheiratete Frauen mit vollzeitbeschäftigtem Ehepartner) erwartungsgemäß die überwiegende Mehrheit der Teilzeitbeschäftigten stellt. Abschließend werden diese Erkenntnisse im Hinblick auf die Möglichkeiten einer Beschäftigungspolitik diskutiert, die nicht nur Effizienz-, sondern auch Egalitätsansprüchen genügen muß, wenn sie die Prekarisierung von Teilzeitbeschäftigung verhindern und Teilzeitarbeit als eine Form der Erwerbstätigkeit für alle fördern soll.
Silke Bothfeld (Silke Bothfeld)
Rubrizierung: 2.262 | 2.342 | 2.61 Empfohlene Zitierweise: Silke Bothfeld, Rezension zu: Silke Bothfeld: Teilzeitarbeit für alle? Berlin: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/6208-teilzeitarbeit-fuer-alle_8440, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 8440 Rezension drucken